"Daran gibt es keinen Zweifel" Lawrow: Alle Kriegsziele werden in der Ukraine erreicht
27.07.2024, 14:05 Uhr Artikel anhören
Lawrow kündigt an, dass Russland einen NATO-Beitritt Kiews verhindern werde.
(Foto: dpa)
Noch immer sind die genauen russischen Kriegsziele in der Ukraine unklar: Ist es die Absetzung des "Nazi-Regimes", die vollständige Einverleibung - oder nur die Verhinderung eines NATO-Beitritts? Laut dem russischen Außenminister Lawrow ist Moskau jedenfalls auf gutem Weg, seine Ziele zu erreichen.
Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat nach einem Treffen mit seinem chinesischen Kollegen Wang Yi in Laos betont, dass Moskau auf seinen Kriegszielen in der Ukraine bestehe. Anders als vom Westen gefordert, werde Russland nicht kapitulieren, sagte Lawrow in Vientiane zum Abschluss des Außenministertreffens der Asean-Staaten. Alle Ziele des Krieges, darunter eine Verhinderung von NATO-Stützpunkten in der Ukraine, würden erreicht, sagte der Minister. "Daran gibt es keinen Zweifel." Der großangelegte Krieg gegen die Ukraine dauert inzwischen zweieinhalb Jahre.
Allerdings fordert der Westen von Moskau keine Kapitulation, sondern lediglich den Rückzug aus dem illegal besetzten ukrainischen Territorium. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte sich auch zu Beginn des Überfalls bereit gezeigt, über einen neutralen Status und Sicherheitsgarantien von Drittstaaten zu reden. So sagte er im März 2022 dem US-Sender ABC, er habe seine Haltung zur Frage eines NATO-Beitritts "schon vor einiger Zeit abgemildert", weil die NATO nicht bereit sei, "die Ukraine zu akzeptieren". Wenige Wochen später kam die Nachrichten von den russischen Kriegsverbrechen in Butscha und anderen ukrainischen Orten.
Die genauen Kriegsziele Russlands sind unklar. Kremlchef Wladimir Putin hatte zuletzt einen Verzicht der Ukraine auf den Beitritt zur NATO und auf mehrere inzwischen von Moskau annektierte Gebiete im Osten und Südosten des Landes gefordert. Auch sollen sich die ukrainischen Truppen komplett aus den Regionen Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja zurückziehen. Zudem bleibt Moskau bei der Forderung nach einer "Entnazifizierung der Ukraine", worunter im Kreml wohl die Einsetzung einer von Russland abhängigen Regierung in Kiew gemeint ist.
Medwedew will die Ukraine zerschlagen
Der russische Ex-Präsident und stellvertretende Vorsitzende des Sicherheitsrates, Dimitri Medwedew, geht noch weiter. Er machte jüngst deutlich, dass Russland weiterkämpfen werde, auch wenn die Ukraine die russischen Bedingungen annehme. Er gehe davon aus, dass - offenbar nach einem Regimewechsel -in Kiew früher oder später die "Radikalen" wieder an die Macht kämen. Das wäre die Zeit für Russland, "die Bestie endgültig zu zerschlagen".
Lawrow sagte nun, er habe sich vom chinesischen Außenminister Wang Yi über dessen Treffen in Peking mit dem ukrainischen Amtskollegen Dmytro Kuleba informieren lassen. Kuleba hatte die Bereitschaft zu Gesprächen mit Russland erklärt. Dem Vorschlag aus Kiew, an einer Friedenskonferenz noch in diesem Jahr teilzunehmen, hatte der Kreml allerdings eine Absage erteilt. Lawrow betonte seinerseits, dass in Kiew Selenskyj selbst per Dekret seiner Führung ein Verbot zu Verhandlungen mit Russland unter Kremlchef Wladimir Putin auferlegt habe. Tatsächlich hat Selenskyj Verhandlungen mit Putin zwar nicht verboten, wie oft kolportiert wird. Aber der ukrainische Sicherheitsrat hat im Oktober 2022 konstatiert, dass Verhandlungen mit Putin unmöglich sind.
Moskau beklagt "eskalierende Konfrontation"
Der russische Minister traf sich auch mit Südkoreas Außenminister Cho Tae Yul, um über die Lage auf der koreanischen Halbinsel zu sprechen. Putin hatte unlängst Nordkorea besucht. Demnach hatte Cho Tae Yul um das Treffen gebeten.
Lawrow beklagte, dass sich die Lage in Südostasien insgesamt verschärfe. "Es gibt viele Signale und Anzeichen für eine eskalierende Konfrontation. In der Tat, wenn die NATO hierher vordringt, wird das Bündnis alle Übel des euro-atlantischen Sicherheitssystems mit sich bringen", sagte Lawrow. Das System habe das Ziel, eine Dominanz der USA und ihrer Verbündeten zu wahren. Lawrow warnte auch vor der Stationierung von US-Raketen in der Region. Die Staaten in Südostasien hätten kein Interesse an einer Konfrontation, sagte er.
Russland wirft der NATO immer wieder vor, kein Verteidigungsbündnis zu sein, sondern es für den eigenen Selbsterhalt auf das Schüren von Konflikten abzusehen. Nach dem großangelegten Angriff auf die Ukraine kam es zu einer Erweiterung des Bündnisses. Die bis dahin neutralen Länder Finnland und Schweden traten angesichts des Krieges im April 2023 und Februar 2024 der NATO bei.
Quelle: ntv.de, ghö/dpa