Politik

"Widerstand endet nicht" Letzte Generation nennt Razzia "völlig bekloppt"

Artikel anhören
00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos | Feedback senden

Mit einer Razzia gehen die bayerische Staatsanwaltschaft und Polizei gegen Mitglieder der Letzten Generation vor. Die Klimaaktivisten wollen sich aber nicht einschüchtern lassen - und zitieren in ihrer Reaktion Kanzler Scholz. Für Irritationen sorgt zudem ein Warnhinweis des LKA Bayern.

Nach einer Razzia gegen die Klimaschutzgruppe Letzte Generation haben ihre Mitglieder vehement bestritten, kriminell zu sein. "Die 15 Hausdurchsuchungen haben alle Unterstützer hart getroffen. Sie machen uns Angst, aber wir dürfen nicht in dieser Angst verharren", sagte Sprecherin Aimée van Baalen in Berlin. Offenbar müsse Deutschland erst Dürren, Überschwemmungen und Nahrungsmittelknappheit erleben, "bevor wir verstehen, dass die Letzte Generation für unser aller Leben einsteht und dass das nicht kriminell ist", fragte sie.

Trotz Durchsuchungen, gesperrter Internetseiten, Twitterkanäle und Bankkonten will die Gruppe ihre Blockadeaktionen und Protestmärsche fortsetzen. Es werde neue Bankkonten für die Spenden der Unterstützer geben, sagte van Baalen. Auch neue Mailkanäle und Internetseiten sollten erstellt werden. "Die Razzia bedeutet nicht, dass der Widerstand endet." Sie rief alle Unterstützer zu Protestmärschen in den großen deutschen Städten am kommenden Mittwoch auf. Bereits an diesem Mittwoch soll eine Demonstration in Berlin stattfinden.

Zum Vorwurf der kriminellen Vereinigung sagte van Baalen: "Wir bereichern uns nicht." Die gesamten Aktionen, Strukturen, Namen, und Spendeneingänge seien öffentlich. "Wir haben keine Angst vor einem Prozess. Wir glauben an den Rechtsstaat." Dass Wohnungen durchsucht und Konten gesperrt würden, sei "völlig bekloppt", sagte sie in Anspielung auf eine Äußerung von Bundeskanzler Olaf Scholz über die Letzte Generation. Es sei allerdings "unglaublich beängstigend, wenn Polizisten in die eigene Wohnung eindringen und nach etwas suchen". Die Razzia habe auch der Wohnung der Sprecherin Carla Hinrichs in Berlin-Kreuzberg gegolten.

Warnhinweis sorgt für Irritationen

Die von der Staatsanwaltschaft genannte Summe von 1,4 Millionen Euro auf gesperrten Spendenkonten bestätigte die Sprecherin nicht, aber die Größenordnung könne stimmen, sagte sie. Für 2022 hatte die Gruppe die Summe von 900.000 Euro an eingegangenen Spenden genannt. Eine zweite Sprecherin der Gruppe, Marion Fabian, sagte, dass es ein weiteres Gespräch mit Bundesverkehrsminister Volker Wissing geben solle. Das habe der FDP-Politiker angekündigt. Man erwarte auch, dass Kanzler Scholz sich zu so einem Gespräch bereit erkläre. Es sei letztlich die Schuld von Scholz, dass sich Demonstranten an Straßen festkleben müssten, weil er Maßnahmen gegen den Klimawandel verweigere.

Unterdessen verteidigte Bundesinnenministerin Nancy Faeser die Razzia. "Die heutigen Maßnahmen zeigen, dass der Rechtsstaat sich nicht auf der Nase herumtanzen lässt. Polizei und Justiz nehmen Straftaten nicht hin, sondern handeln - so wie es ihre Pflicht ist", sagte die SPD-Politikerin der Funke-Mediengruppe. Legitimer Protest ende immer da, wo Straftaten begangen und andere Menschen in ihren Rechten verletzt würden. "Wenn diese rote Linie überschritten ist, dann muss die Polizei handeln", sagte sie.

Mehr zum Thema

In den sozialen Medien regt sich indes nicht nur Unmut über die Razzia selbst. So wurde auf Twitter vielfach der Screenshot einer Webseite des Bayerischen Landeskriminalamtes geteilt. Dort heißt es in einem Warnhinweis, die Letzte Generation stelle eine kriminelle Vereinigung gemäß Paragraf 129 Strafgesetzbuch dar. Der Hinweis widerspreche jedoch, so die Kritik, der Unschuldsvermutung. Das Bayerische LKA teilte auf Twitter dazu mit, dass es sich dabei um die juristische Bewertung der Generalstaatsanwaltschaft München handle, die die Ermittlungen leite. Später wurde der Absatz gestrichen.

Mit einer großangelegten Razzia waren Polizei und Staatsanwaltschaft am Morgen gegen die Klimaschutzgruppe vorgegangen. Rund 170 Polizisten durchsuchten ab dem frühen Morgen 15 Wohnungen und Geschäftsräume in sieben Bundesländern, wie die Generalstaatsanwaltschaft München und das Bayerische Landeskriminalamt mitteilten. Der Vorwurf lautet auf Bildung beziehungsweise Unterstützung einer kriminellen Vereinigung. Ermittelt wird gegen sieben Beschuldigte, die zwischen 22 und 38 Jahre alt sind. Festnahmen gab es nicht. Zwei der Verdächtigen stehen den Ermittlern zufolge im Verdacht, im April 2022 versucht zu haben, die Öl-Pipeline Triest-Ingolstadt zu sabotieren.

Quelle: ntv.de, ses/dpa

ntv.de Dienste
Software
Social Networks
Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen