Politik

Ratspräsidentschaft endet Lob für das Merkel-Team

Die Bundesregierung hat eine überaus positive Bilanz der sechsmonatigen deutschen EU-Ratspräsidentschaft gezogen und ihr Interesse an der Überwindung der Irritationen mit Polen bekräftigt. Auch im Europaparlament in Brüssel erhielt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) von allen politischen Seiten Lob für die Arbeit der scheidenden EU-Ratspräsidentschaft.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) nannte in Berlin polnische historische Rückgriffe auf Deutschland während der Nazizeit "ungerechtfertigt". Die Antwort darauf habe es schon auf dem Brüsseler Gipfel gegeben. Karikaturen in polnischen Blättern zur Rolle von Bundeskanzlerin Merkel bewertete Steinmeier als "geschmacklos".

Verhältnis zu Polen belastet

Merkel sagte am Abend im ZDF lediglich: "Wir haben Pressefreiheit in Polen und in Deutschland." Zugleich betonte sie: "Die deutsch-polnischen Beziehungen und die deutsch-polnische Freundschaft sind ein genauso wichtiges Gut wie unsere Beziehungen und unsere Freundschaft zu Frankreich." In der ARD sagte sie, "dass die polnisch-deutschen Beziehungen weiterentwickelt werden müssen".

Steinmeier sagte: "Wir dürfen selbst kein Interesse daran haben, dass manche Überspitzung in der Diskussion das Verhältnis dauerhaft belastet." Er sei "historisch überzeugt", dass es den gemeinsamen Auftrag gebe, ein gut nachbarschaftliches Verhältnis zu Polen zu pflegen und weiterzuentwickeln. Es gehe darum, über die Irritationen der Vergangenheit hinwegzukommen und wieder das politische Gespräch zu suchen.

Die Anstrengungen sind es wert

In der Bilanz des Bundeskabinetts zur EU-Ratspräsidentschaft, die am Samstag endet, hieß es zu den Reform-Entscheidungen in der EU: "Die Phase der Lähmung und der Mutlosigkeit" sei überwunden und das Vertrauen in die EU wiedergewonnen. "Es ist dem deutschen Vorsitz gelungen, die EU durch eine große Zahl wichtiger und zukunftsweisender Entscheidungen wieder auf Kurs zu bringen."

Merkel sagte vor den EU-Abgeordneten in Brüssel, trotz aller Schwierigkeiten müsse die Union auch in Zukunft nach Kompromissen suchen. "Es ist jede Anstrengung wert, immer wieder den gemeinsamen Weg aller Mitgliedstaaten zu suchen." Sie warnte vor einem "Europa der zwei Geschwindigkeiten".

Lob für das Merkel-Team

Die EU-Parlamentarier würdigten vor allem, dass Merkel trotz erheblicher Widerstände von Polen und Briten im nächtlichen EU-Gipfeltreffen eine Einigung über neue EU-Verträge erzielt hat. "Wir haben die Weichen für eine erneuerte gemeinsame Grundlage der EU gestellt, wir haben den Stillstand überwunden, wir haben Vertrauen nicht enttäuscht, wir haben Spaltung vermieden", sagte Merkel. Die neuen EU-Verträge seien "ein Erfolg für Europa", weil sie mehr Bürgernähe sicherten. Europa brauche das Vertrauen der Bürger: "Vertrauen aufbauen braucht Jahrzehnte. Vertrauen verlieren geht über Nacht."

"Eine überaus schwierige Aufgabe mündete in einen Erfolg für Europa", sagte EU-Kommissionspräsident Jos Manuel Barroso. "Höchste Wertschätzung" verdienten "Merkel und das ganze Team" für "die gesamte Zahl der Erfolge während des ersten Halbjahres". Der Fraktionsvorsitzende der christdemokratischen EVP-Fraktion, Joseph Daul, sagte: "Das waren sehr gute Monate. Wir danken Ihnen dafür." Der liberale Fraktionschef Graham Watson lobte: "Dies war eine große Präsidentschaft." Sechs Monate seien "eine kurze Zeit, um glänzen zu können": "Aber ihre Präsidentschaft ist unvergesslich."

Merkel sagte, es werde auch in Zukunft "Fälle geben, in denen Mitgliedstaaten sich entschieden, sich gemäß den Verträgen an einzelnen Politiken nicht oder zunächst nicht zu beteiligen". "Das ist etwas anderes als ein Europa der zwei Geschwindigkeiten. Davon halte ich nichts, das darf nicht unser Ziel sein." Anderenfalls würden neue Gräben in Europa aufgerissen. Im ZDF warnte sie am Abend: "Dass wir dauernd Gruppen bilden, die unterschiedliche Dinge vereinbaren, das würde die Union zerspalten. Das möchte ich nicht."

Der sozialdemokratische Fraktionschef Martin Schulz attackierte den polnischen Ministerpräsidenten Jaroslaw Kaczynski wegen dessen Hinweis auf Stimmverluste Polens auf Grund der von Deutschen getöteten Menschen. "Wer die Kriegstoten des Zweiten Weltkriegs gegen Stimmabgabe im Ministerrat aufrechnet, der irrt in der europäischen Politik. Dem muss man ein Nein entgegensetzen."

Quelle: ntv.de

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