10 Milliarden für den Verkehr "Masterplan" gegen Stau
16.07.2008, 12:10 UhrMit Milliardeninvestitionen in Straßen, Schienen- und Wasserwege will die Bundesregierung den von ihr befürchteten Verkehrsinfarkt auf den Autobahnen abwenden. Das Kabinett hat dazu ein umfassendes Maßnahmenpaket geschnürt. Auslöser ist der vorausgesagte Zuwachs des Güterverkehrs von rund 70 Prozent bis zum Jahr 2025.
Für den von Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) vorgestellten "Masterplan Verkehr und Logistik" sollen im kommenden Jahr 10,2 Milliarden Euro bereitgestellt werden. Die Hälfte davon geht in den Straßenbau, etwa für die Erweiterung von Engpässen auf bis zu zehn Spuren oder Verkehrslenkungssysteme. Tiefensee hatte den Masterplan nach scharfer Kritik von Wirtschaftsverbänden überarbeiten lassen.
Zur besseren Steuerung des Verkehrs sollen die Baustellen-Zeiten verkürzt, Verkehrsleitsysteme ausgebaut und die Maut-Regeln verschärft werden. An bestimmten Staustrecken soll es Überholverbote für Lastwagen geben. Die Autobahngebühr für Schwerlaster soll künftig auch nach Tageszeiten und Strecken gestaffelt werden. Das Transportgewerbe soll dadurch zum Umlenken veranlasst werden. Ziel ist zugleich, den Güterverkehr von der Straße auf die Schiene zu lenken. Zurzeit werden 70 Prozent des Güterverkehrs über die Straße abgewickelt. Nur 18 Prozent laufen über die Schiene, 12 Prozent über Wassertrassen.
35 Einzelvorhaben
Der Katalog enthält 35 Einzelvorhaben, mit denen der erwarte Anstieg des Verkehrsaufkommens abgefedert werden soll. Für den Lkw-Verkehr auf Fernstraßen sagen Experten ein Plus von über 80 Prozent voraus. Werde nichts getan, drohe im Transitland Deutschland der Verkehrskollaps, warnte Tiefensee.
Schon jetzt geht auf vielen der 12.500 Autobahnkilometern in Stoßzeiten oder an Baustellen häufig nichts mehr. Tiefensee hat sich auf einer Autobahnkarte 2500 Kilometer rot angestrichen, die er für extrem staugefährdet hält. Bis möglichst 2012 sollen diese Strecken komplett mit Verkehrsbeeinflussungsanlagen ausgestattet sein; bislang ist dies lediglich bei 1200 Kilometern der Fall. Bis es so weit ist, will Tiefensee auf einem Teil der Strecken - vor allem auf zweispurigen Bahnen - Lkws das Überholen verbieten. Damit sollen so genannte Elefantenrennen auf der linken Spur der Vergangenheit angehören, die häufig Staus verursachen.
Grüne halten Prognosen für veraltet
Die Grünen bezweifeln, dass der Lkw-Verkehr auf Fernstraßen tatsächlich so stark zunehmen wird wie von Tiefensee angenommen. "Angesichts der klimapolitischen Herausforderung und der steigenden Rohölpreise ist es ziemlich unwahrscheinlich, dass diese Wachstumsprognosen der vergangenen Jahre Bestand haben werden", sagte der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Winfried Hermann, gegenüber n-tv.de.
Zu den im Masterplan geplanten Maßnahmen gehört auch, dass an neuralgischen Flaschenhälsen im Autobahnnetz bei Bedarf die Standspur für den Verkehr freigegeben werden soll. Zudem will Tiefensee die Sanierung der Autobahnen beschleunigen. Die Tageslichtbaustelle, an der von Sonnenaufgang bis -untergang gearbeitet werde, solle die Regel werden; auch an Sonn- und Feiertagen sowie nachts solle häufiger gebuddelt werden. 35 Prozent aller Autobahnstaus werden von Baustellen verursacht.
Morgendliche Lkw-Tour durchs Ruhrgebiet wird teurer
Außerdem soll der Masterplan Lösungen für den stark wachsenden Güterverkehr finden. Tiefensee sagte, die Logistikbranche mit 2,6 Millionen Beschäftigten entwickle sich zu einem Schlüsselsektor der Wirtschaft und sei unverzichtbar für das künftige Wirtschaftswachstum. Staat auf Verbote setzt die Regierung auf die Lenkungswirkung einer flexiblen Maut, die nach Tiefensees Worten Mitte 2010 eingeführt werden soll.
Speditionen, die ihre Laster zum Beispiel zwischen fünf und neun Uhr früh an Stuttgart oder München vorbeischicken oder durch das Ruhrgebiet dirigieren, müssen dann deutlich mehr Maut zahlen. Betriebe, die intelligent planen, könnten dagegen günstiger unterwegs sein als heute. Die erwarteten Mehreinnahmen aus der Maut von 850 Millionen Euro will Tiefensee ebenfalls verbauen.
Grüne fordern mehr Geld für die Schiene
"Dass es überhaupt einen Masterplan gibt, ist gut", sagte Hermann. "Allerdings verdient dieses Papier den Titel 'Masterplan' nicht." Es handele sich lediglich um eine Auflistung von Vorschlägen, die zum Teil nicht einmal verbindlich seien. Es gebe "keine strategische Ausrichtung, keine Schwerpunkte, keine Zwischenziele".
Die im Masterplan vorgesehenen 10,2 Milliarden Euro seien zwar rund eine Milliarde mehr als ursprünglich eingeplant. Sicher sei dies aber nicht, da der Haushalt ja erst noch gemacht werden müsse. "Zum jetzigen Zeitpunkt ist das nur eine Luftnummer", so Hermann.
Der Grünen-Politiker kritisierte zudem, dass vor allem der Güterverkehr auf der Schiene noch immer unterfinanziert sei. "Hier gibt es ein großes Defizit." Statt sich darum zu kümmern, unterstütze Tiefensee lieber "unsinnige Großprojekte" wie den unterirdischen Umbau des Stuttgarter Hauptbahnhofs oder "die überflüssige Hochgeschwindigkeitsstrecke Nürnberg-Erfurt-Berlin, diese U-Bahn durch den Thüringer Wald".
Quelle: ntv.de