Visa für afghanische Ortskräfte Medien bitten Bundesregierung um Hilfe
15.08.2021, 17:03 Uhr
Ohne Dolmetscher (r.) wären Bundeswehr und Reporter in Afghanistan aufgeschmissen gewesen.
(Foto: picture alliance/dpa)
Tausende Afghanen unterstützen in ihrer Heimat die Arbeit der deutschen Presse. Nach dem Eroberungsfeldzug der Taliban sind sie akut gefährdet. Deshalb bitten Verlage, Medienhäuser, Sender und Redaktionen die Bundesregierung um Hilfe.
In einem offenen Brief bitten mehrere deutsche Verlage, Medienhäuser, Sender und Redaktionen die Bundesregierung um Hilfe für ihre afghanischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie fordern Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Heiko Maas auf, angesichts des Vordringens der Taliban ein Visa-Notprogramm für die Ortskräfte einzurichten. Das Leben dieser freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sei akut gefährdet: "Nach dem Rückzug der internationalen Truppen, auch der deutschen, wachsen die Sorgen, dass es gegenüber unseren MitarbeiterInnen zu Racheakten der Taliban kommt."
"Unsere Berichterstattung, die die deutsche Öffentlichkeit und Politik mit Analysen, Erkenntnissen und Eindrücken aus dem Land versorgt hat, war nicht denkbar ohne den Einsatz und den Mut der afghanischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die uns vor Ort unterstützt haben", heißt es in dem Appell. Diese hätten den Glauben an die freie Presse als unverzichtbares Element einer stabilen, friedlichen, auf Ausgleich bedachten Demokratie geteilt - ein Wert, den die deutsche Regierung in den vergangenen 20 Jahren in Afghanistan stark unterstützt habe.
"Wir rufen Sie hiermit auf, ein Visa-Notprogramm für afghanische MitarbeiterInnen deutscher Medienhäuser einzurichten. Wir schließen uns damit Appellen britischer und US-amerikanischer Medien an ihre jeweiligen Regierungen an", heißt es in dem Schreiben weiter. Die Bundesregierung habe mehrfach die zentrale Rolle anerkannt, die afghanische Übersetzer für die Bundeswehr innegehabt hätten, und die immense Gefahr, der sie wegen ihrer Tätigkeit ausgesetzt seien. Aus diesem Grund habe sie für diese ein außerordentliches Visa-Programm geschaffen. Ein solches Programm werde nun auch für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen deutscher Medienhäuser dringend benötigt.
"Ohne diese mutigen Afghanen hätten die deutsche Öffentlichkeit und die Politik nicht über die Rahmenbedingungen des 20-jährigen Bundeswehr-Einsatzes informiert werden können. Für das Engagement der Bundesrepublik in Afghanistan war die Arbeit dieser Menschen ebenso unverzichtbar wie die der Bundeswehr-Übersetzer", heißt es in dem Brief.
Bei dem offenen Brief handelt es sich um eine gemeinsame Initiative von Arte, Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV), Deutsche Welle, Deutsche Presse-Agentur, Deutschlandradio, "Frankfurter Allgemeine Zeitung", Reporter ohne Grenzen, "Spiegel", "Stern", "Süddeutsche Zeitung", taz, "Zeit" sowie RTL und ntv.
Vergangene Woche erkannte die Biden-Administration nach ähnlichen Appellen der US-Medien die dramatisch gestiegene Gefahr an, der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausländischer Medien ausgesetzt sind, und nahm sie in ihr Flüchtlings-Programm für Afghanistan auf. Die britische Regierung hat angedeutet, dass auch sie eine ähnliche Entscheidung vorbereitet.
Quelle: ntv.de, chr