Patientenversorgung gefährdet Mediziner-Exodus droht
16.11.2008, 15:16 UhrDeutschland droht nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Focus" ein Exodus frisch ausgebildeter Mediziner. 70 Prozent der Medizinstudenten wollen nach Abschluss ihrer Ausbildung ins Ausland gehen, schreibt "Focus" unter Berufung auf eine bislang unveröffentlichte Studie der Ruhr-Universität Bochum. Die Abteilung für Allgemeinmedizin habe für ihre Untersuchung 4000 Medizinstudenten in ganz Deutschland nach deren Zukunftsplänen befragt. Die Medizin-Ökonomin Dorothea Osenberg hatte die Studie geleitet und bezeichnete die Ergebnisse als "erschreckend". Sie sehe die Patientenversorgung in Deutschland gefährdet, schreibt das Magazin.
Die Studierenden nannten als wichtigste Gründe für ihre Abwanderungswünsche die Arbeitszeiten, die Budgetierung der Leistungen sowie die Vergütung. Nur 22 Prozent der Befragten wollen sich als Ärzte niederlassen. Ein fast ebenso hoher Anteil schließt dies aus. Dagegen können sich 38 Prozent eine Patienten ferne Tätigkeit vorstellen. Wenig beliebt ist der Beruf des Hausarztes. Laut Studie wollen nur 17 Prozent der Medizinstudenten diese Richtung einschlagen.
Landarzt als Auslaufmodell
Angesichts des drohenden Ärztemangels will Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) Mediziner mit Stipendien auf das Land locken. Die Länder sollten angehenden Ärzten das Studium bezahlen, damit sie später Landarzt werden, so Schmidt vor kurzem in der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Nach ihrem Vorschlag soll sich der Stipendiat im Gegenzug bereit erklären, auch als angestellter Arzt für fünf oder sechs Jahre an einem unterversorgten Ort zu arbeiten. "Ich bin überzeugt, 80 Prozent dieser Mediziner bleiben", sagte Schmidt.
Der Landarzt dürfe nicht "zum auslaufenden Modell" werden, sagte Schmidt. Sie verwies darauf, dass das Gesundheitsministerium bereits viele Anreize geschaffen habe, "damit die Versorgung in der Eifel, in der Uckermark oder im Emsland auch künftig stimmt". So sehe eine neue Gebührenordnung ab 2010 höhere Honorare für Ärzte vor, die in unterversorgte Gebiete gehen.
Schmidt äußerte zugleich Kritik am Auswahlverfahren für Medizinstudenten. Sie bezweifle, dass alleine mit der Fixierung auf die Abiturnote wirklich die richtigen Kandidaten ausgewählt würden. Sie wünsche sich "endlich mehr Tempo" bei den Bemühungen, durch spezielle Eignungstests Mediziner zu fördern und sie frühzeitig auch in den Praxisalltag einzuführen. "Es ist doch paradox, dass eine Intensiv-Krankenschwester nicht studieren darf, nur weil sie eine Abi-Note von 2,3 hatte", kritisierte Schmidt.
Quelle: ntv.de