Politik

EU erwägt weitgehende Sanktionen Merkel fordert sofortige Freilassung Protassewitschs

Kanzlerin Merkel weist die belarussischen Angaben zur Erklärung der Zwangslandung als "vollkommen unglaubwürdig" zurück.

Kanzlerin Merkel weist die belarussischen Angaben zur Erklärung der Zwangslandung als "vollkommen unglaubwürdig" zurück.

(Foto: dpa)

Die Empörung über die erzwungene Landung einer Passagiermaschine in Belarus ebbt nicht ab. Die Botschafter des Regimes müssen sich in mehreren EU-Hauptstädten schwere Vorwürfe anhören. Bei ihrem Vorgehen gegen Belarus wollen es die Europäer nicht bei Worten belassen.

Nach der erzwungenen Landung eines Ryanair-Flugzeugs in Belarus hat Bundeskanzlerin Angela Merkel die sofortige Freilassung des verhafteten Oppositionellen Roman Protassewitsch gefordert. Das Gleiche gelte für seine ebenfalls festgenommene Freundin, sagte Merkel beim EU-Gipfel in Brüssel. Sie bezeichnete die belarussische Angaben zur Erklärung der Zwangslandung als "vollkommen unglaubwürdig". Der Vorfall sei ein "beispielloses Vorgehen".

Die Staats- und Regierungschefs wollen bei ihrem Treffen am Abend über mögliche Sanktionen gegen Belarus wegen des Vorfalls beraten. Hierzu gehörten "sicherlich" weitere Sanktionen gegen Verantwortliche in Belarus, sagte die Kanzlerin. Merkel nannte auch die Frage einer Flugverweigerung für die belarussische Fluggesellschaft in europäischem Luftraum als Möglichkeit. Zudem müsse es eine internationale Untersuchung des Vorfalls geben.

Deutschland bestellte zudem den belarussischen Botschafter in Berlin ins Auswärtige Amt ein. Die bisherigen Angaben der Regierung in Minsk zu dem Vorfall seien "abwegig und nicht glaubwürdig", erklärte Bundesaußenminister Heiko Maas in Berlin. "Deshalb haben wir den belarussischen Botschafter für heute Abend ins Auswärtige Amt einbestellt."

Während die EU-Staats- und Regierungschefs an diesem Abend über mögliche Sanktionen gegen Belarus beraten, haben neben Deutschland auch andere Länder und die EU-Kommission bereits diplomatische Schritte gegen das Regime in Minsk ergriffen. Unter anderem bestellte die Kommission in Brüssel den belarussischen Botschafter ein. Diesem sei übermittelt worden, dass die EU-Institutionen und die EU-Staaten das Handeln der belarussischen Behörden scharf verurteilten, teilte der Europäische Auswärtige Dienst (EAD) mit.

Behörden der autoritär regierten Republik Belarus hatten am Sonntag einen Ryanair-Flug auf dem Weg von Athen nach Vilnius zum Landen in Minsk gebracht. Dort nahmen sie den vom belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko international gesuchten Blogger Roman Protassewitsch und dessen russischstämmige Begleiterin fest, die unter den mehr als hundert Passagieren waren.

Auch Belgien hat den belarussischen Botschafter in Brüssel einbestellt. Die ungerechtfertigten und inakzeptablen Handlungen der vergangenen Stunden würden nicht folgenlos bleiben, schrieb die belgische Außenministerin Sophie Wilmès auf Twitter.

Neue Sanktionen ohnehin in Planung

Laut einem EU-Vertreter könnte als Konsequenz aus dem Vorfall jeglicher Transitverkehr von dem osteuropäischen Land in die EU ausgesetzt werden. Zudem drohe der belarussischen Airline Belavia ein Landeverbot auf EU-Flughäfen. Ferner wurde erwogen, Flüge von EU-Airlines über Belarus auszusetzen. Unter anderem EU-Mitglied Litauen will offenbar noch weitergehen: "Zusammen mit internationalen Partnern werden wir daran arbeiten, den Luftraum über Belarus für internationale Flüge zu sperren", kündigte Ministerpräsidentin Ingrida Simonyte vor den am Abend beginnenden Beratungen der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union an. Polen forderte die Aussetzung aller Flüge zwischen der EU und Belarus.

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Die EU hat schon Sanktionen gegen Belarus im Zusammenhang mit der umstrittenen Wiederwahl Lukaschenko und seines harten Vorgehens gegen Regierungsgegner im vergangenen Jahr verhängt. So stehen bereits 88 Personen und sieben Firmen auf einer schwarzen Liste. Vermögenswerte von Lukaschenko und dessen Sohn in der EU wurden bereits eingefroren. Weitere Maßnahmen gegen ranghohe Vertreter aus Belarus waren zudem in Planung.

Der französische Europaminister Clement Beaune nannte die Umleitung des Flugzeugs einen "Akt staatlicher Piraterie", der nicht unbestraft bleiben dürfe. Er schlug schärfere Sanktionen gegen das westliche Nachbarland Russlands vor. Laut dem Büro von Präsident Emmanuel Macron wurde an "einem Bündel von Maßnahmen" gearbeitet, das über Sanktionen gegen Einzelpersonen hinausgehe.

Quelle: ntv.de, vpe/dpa/rts

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