Chancen statt Krisen Merkel in Afrika
03.10.2007, 16:01 UhrBundeskanzlerin Angela Merkel ist zu ihrer ersten großen Afrika-Reise als Regierungschefin aufgebrochen. Ihre erste Station ist Äthiopien, danach folgen Südafrika und Liberia. Merkel wird fünf Tage unterwegs sein. Es ist eine der längsten Auslandsreisen ihrer bisherigen Kanzlerschaft.
Vor ihrem Abflug plädierte Merkel für eine engere Zusammenarbeit zwischen Afrika und Europa. "Nur gemeinsam - Afrika und die entwickelten Länder - werden wir es erreichen, dass weniger Menschen in Armut leben, dass Menschenrechte besser durchgesetzt werden und dass wir Krankheiten bekämpfen können." Diesen "Geist der Gemeinsamkeit" wolle sie deutlich machen.
Für die Industriestaaten gehe es zugleich darum, ihre mit den Millenniumszielen verknüpften Versprechen an die afrikanischen Staaten einzuhalten, fügte Merkel hinzu. Die G8-Staaten haben Afrika zugesagt, bis zum Jahr 2015 ihre Entwicklungshilfen auf 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu steigern. Deutschland hat derzeit den G8-Vorsitz inne.
Flagge zeigen gegen China
Merkel will auf ihrer Reise nicht zuletzt für Investitionen in Afrika werben. Seit China und Indien begonnen haben, ihre Wirtschaftsinteressen in dem rohstoffreichen und doch so armen Kontinent zu sichern, wollen auch die Deutschen und Europäer verstärkt Flagge zeigen. Noch sind die Europäer mit einem Volumen von 200 Milliarden Euro jährlich Afrikas größter Handelspartner, doch China nimmt mit 43 Milliarden Euro im vergangenen Jahr bereits den dritten Platz ein.
Merkel wird von einer hochkarätigen Wirtschaftsdelegation begleitet. In Südafrika werden es 22 Manager sein, die die Marktchancen für deutsche Produkte am Kap ausloten. In Äthiopien wird die Commerzbank versuchen, in dem noch unterentwickelten Bankensektor des Landes tätig zu werden. Noch immer sind die Rahmenbedingungen nicht ideal für Investments, aber in einigen Ländern lohnt sich aus Sicht der Kanzlerin der Versuch.
"Ein Kontinent, der echte Chancen bietet"
Die Kanzlerin wird von Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul begleitet. Die SPD-Politikerin rief die Deutschen auf, ihr Bild von Afrika zu ändern. "Afrika ist nicht mehr der Kontinent der Krisen und Konflikte, sondern ein Kontinent, der auch echte Chancen bietet", sagte sie.
Wieczorek-Zeul beklagte, dass Afrika immer noch nicht als Kontinent des Aufbruchs wahrgenommen werde. "Afrika ist in Bewegung geraten. Die Wirtschaft wächst. Es gibt weniger Konflikte." Das Investitionsklima habe sich deutlich verbessert.
In Äthiopien will Merkel auch die Menschenrechtssituation ansprechen. Amnesty International forderte, dass sich die Bundeskanzlerin dort für politische Gefangene einsetzt. Die Generalsekretärin der deutschen Amnesty-Sektion, Barbara Lochbihler, sagte, Merkel solle sich für die Freilassung aller gewaltlosen politischen Gefangenen einzusetzen.
Afrika-Gipfel mit Mugabe, ohne Brown
Merkel und Wieczorek-Zeul unterstrichen, dass sie den EU-Afrika-Gipfel im Dezember zu einem Erfolg führen wollen, auch wenn Simbabwes Präsident Robert Mugabe kommt. Der britische Premierminister Gordon Brown will dem Treffen in Lissabon zwar fernbleiben, falls Mugabe kommt. Merkel will aber auf jeden Fall teilnehmen. Sie respektiere Browns Haltung, es könne jedoch nicht sein, dass Mugabe über das Verhältnis zwischen Europa und Afrika bestimme. "Ich glaube, dass es nicht angezeigt ist, wegen eines in schlimmen Verhältnissen regierten Landes die Beziehungen zu ganz Afrika zu vernachlässigen", sagte sie der "Zeit". Wieczorek-Zeul sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Der letzte EU-Afrika-Gipfel liegt sieben Jahre zurück. Es ist höchste Zeit, dass ein solcher Gipfel jetzt wieder stattfindet."
AU und Fußball-WM: Das "neue Afrika"
In der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba trifft Merkel auch die Spitzen der Afrikanischen Union (AU). Der Präsident, das Staatsoberhaupt von Ghana John Kufuor, kommt eigens angereist. Die AU zählt zu den Erfolgsgeschichten auf dem Kontinent: Nach dem Vorbild der EU versucht die Organisation, die oft so zerstrittenen Afrikaner unter einem Dach zu vereinen und ihnen nach außen ein gemeinsames Gesicht zu geben.
Auch der Besuch der Baustelle für das Endspiel-Stadion der Fußball-WM in drei Jahren im südafrikanischen Johannesburg wird eine Referenz der Kanzlerin an das "neue" Afrika sein. Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff wird die Kanzlerin begleiten, wenn sie die Stätte besichtigt.
Quelle: ntv.de