Politik

Klingenkreuzen im Bundestag Merkel schießt sich auf Grüne ein

Bei der Generaldebatte über den künftigen Haushalt verteidigt Bundeskanzlerin Merkel die Politik ihrer Regierung: Die Wirtschaft sei wieder auf Kurs, das Steuersystem werde vereinfacht und bei der Euro-Rettung würden private Investoren einbezogen. SPD-Fraktionschef Steinmeier spricht dagegen von einem "Regierungschaos ohne Ende".

Merkel macht klar, dass sie keineswes regierungsmüde sei.

Merkel macht klar, dass sie keineswes regierungsmüde sei.

(Foto: dpa)

Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht ihre schwarz-gelbe Koalition nach den ersten 13 Monaten auf Kurs. "Wir haben die Weichen in die richtige Richtung gestellt", sagte die CDU-Vorsitzende in der Generaldebatte des Bundestages. Die Wirtschaft wachse wieder, die Arbeitslosenzahl sei unter die Drei-Millionen-Marke gesunken. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier hielt Schwarz-Gelb dagegen vor, mit einem "Regierungschaos ohne Ende" das Vertrauen der Wähler bereits verspielt zu haben. Wegen der erhöhten Terrorgefahr fand die Sitzung unter strengen Sicherheitsvorkehrungen statt.

Die Auseinandersetzung zwischen Merkel und ihrem ehemaligen Vizekanzler war erster Höhepunkt der Generaldebatte über den Haushalt 2011. Die CDU-Chefin warf der SPD vor, sich von vielen Positionen aus ihrer Regierungszeit in "affenartigem Tempo" verabschiedet zu haben. Noch härter ging sie mit den Grünen ins Gericht, die derzeit im Umfrage-Hoch sind. Die Grünen seien "ziemlich fest verbandelt mit dem Wort dagegen". "Wenn es so weitergeht, werden die Grünen für Weihnachten sein, aber gegen die vorgeschaltete Adventszeit."

Opposition vermutet "taktische Spielchen"

Steinmeier: "Es ist Zeit für eine neue europäische Politik."

Steinmeier: "Es ist Zeit für eine neue europäische Politik."

(Foto: dpa)

Steinmeier hielt der schwarz-gelben Koalition vor, Deutschland "weit unter seinen Möglichkeiten" zu regieren. Union und FDP betrieben keine Politik für den Gemeinsinn, sondern eine Spaltung der Gesellschaft. Mit ihrer Atompolitik sowie den Gesundheitsplänen rissen sie gesellschaftliche Großkonflikte neu auf. In der Euro- Krise stoße Merkel mit "taktischen Spielchen" die kleineren europäischen Partner vor den Kopf.

Die Grünen nannten den Haushaltsentwurf einen "sozialen und ökologischen Offenbarungseid". "Ist es christlich, nur bei den Ärmsten zu sparen?", fragte Grünen-Fraktionschefin Renate Künast im Zuge der abschließenden Beratungen. Zu dem von der Regierung ausgerufenen "Herbst der Entscheidungen" sagte Künast, Entscheiden an sich haben ja noch keine Qualität. "Es kommt auf den Inhalt der Entscheidungen an." Der Regierung warf sie vor, reine Klientelpolitik zu betreiben und das Land zu spalten.

Merkel wies die Vorwürfe zurück. Mit einem erwarteten Wachstum von 3,4 Prozent in diesem Jahr habe die deutsche Wirtschaft wieder Tritt gefasst. Auch in den nächsten Jahren könne man auf "vernünftige Wachstumspfade" hoffen. Merkel bekräftigte das Ziel, zum 1. Januar 2012 Maßnahmen für ein einfacheres Steuerrecht umzusetzen. "Wenn die Haushalte konsolidiert sind, wenn wir Spielräume haben, machen wir das." Wörtlich sagte die Kanzlerin: "Wir wollen ein Land sein, in dem sich Leistung lohnt, in dem sich Arbeit lohnt, damit wir Kraft für die Solidarität der Gesellschaft haben."

Die Kanzlerin sprach sich erneut für die Beteiligung privater Investoren bei der Lösung künftiger Euro-Krisen aus. "Hier geht es um die Frage des Primats der Politik, hier geht es um die Fragen der Grenzen der Märkte." In der EU müsse es zu einer schlüssigen Wirtschaftspolitik kommen, die sich an den Besten orientiere, "damit unser Kontinent stark wird".

Merkel geht die Grünen an

Als politischen Hauptgegner hat die Kanzlerin offenbar die Grünen ausgemacht, die sie dementsprechend hart attackierte. "Die Grünen sind schon fest verbunden mit dem Wort 'Dagegen'", sagte Merkel in Anspielung auf die grüne Unterstützung der Proteste gegen das Bahnprojekt "Stuttgart 21" und gegen die Castor-Transporte nach Gorleben. Die Grünen seien gegen Gorleben, aber für sichere Atom-Endlager, für Sport, aber gegen Olympia 2018 in München, kritisierte sie die Beschlüsse des Grünen-Parteitags vom Wochenende. "Sie drücken sich vor der Verantwortung, so geht das nicht", rief sie in Richtung der grünen Parlamentarier.

Das lauteste Gelächter erntete Angela Merkel für einen Witz auf Kosten der Grünen: "Wenn das so weitergeht, werden die Grünen für Weihnachten sein, aber gegen die  davorgeschaltete Adventszeit", verspottete die Kanzlerin die in den Umfragen hoch im Kurs stehende Oppositionspartei.

"Versprechen gebrochen"

Die Linke kritisierte die jüngsten Beschlüsse von Union und FDP als "Herbst der Fehlentscheidungen". Fraktionschefin Gesine Lötzsch warf der Koalition eine "schändliche und verlogene Politik" vor. "Ihre Bilanz ist eindeutig: Noch nie wurden so viele sichere Arbeitsplätze in schlecht bezahlte umgewandelt", sagte sie an die Adresse der Kanzlerin.

Die FDP-Fraktionsvorsitzende Birgit Homburger bekräftigte das Ziel, noch vor der nächsten Bundestagswahl mittlere und kleinere Einkommen steuerlich zu entlasten. "Wir werden alles dafür tun, dass wir in dieser Legislaturperiode die Spielräume dafür erarbeiten werden."

"Bedrohungen sind real"

Angesichts möglicher Terroranschläge in Deutschland mahnte Merkel die Bürger zu erhöhter Wachsamkeit. "Die Bedrohungen sind leider real." Die Kanzlerin versicherte aber auch: "Wir werden uns von unserer Arbeit trotz terroristischer Bedrohung nicht abbringen lassen." Am Wochenende war bekanntgeworden, dass islamistische Terroristen möglicherweise einen Angriff auf den Reichstag planen.

Quelle: ntv.de, dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen