USA zurück im Klimaprozess Merkel sieht Fortschritte
25.09.2007, 06:57 UhrBundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat eine positive Bilanz des UN-Klimagipfels gezogen, bei dem Staats- und Regierungschefs aus aller Welt ihren Willen zum gemeinsamen Kampf gegen den Klimawandel bekundet haben. Merkel würdigte in New York vor allem die Bewegung der US-Regierung. Sie verwies darauf, dass sich US-Außenministerin Condoleezza Rice klar zu Klimaschutzverhandlungen unter dem Dach der Vereinten Nationen bekannt habe. "Gemessen an dem, wo wir vor einiger Zeit standen, ist das ein Riesenfortschritt", sagte Merkel.
Meinungsunterschiede sieht Merkel immer noch in der Frage, ob in einem künftigen Klimaabkommen konkrete Reduktionsziele für einzelne Staaten oder Staatengruppen festgelegt werden sollen. Die USA lehnen das ab. Ohne die Vereinigten Staaten zu nennen, sagte Merkel, dass es hier noch Differenzen gebe. Hingegen sah sie Chancen, dass sich die Staaten zunächst einmal auf ein Gesamtziel bei der Reduktion der Treibhausgase verständigen könnten.
Die Klimadiskussion im Vorfeld der UN-Generaldebatte sollte die Konferenz von Bali vorbereiten, bei der im Dezember über die Fortschreibung des 2012 auslaufenden Kyoto-Protokolls beraten wird. Merkel sagte: "Die Tatsache, dass sich so viele Staats- und Regierungschefs mit dem Klimawandel beschäftigt haben, ist ein großer Erfolg auf dem Weg zu einem Klimaschutzabkommen nach 2012." Es gebe "nahezu niemanden, der zweifelt an der Herausforderung. Und damit ist der Grundstein gelegt, dass wir handeln können".
Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, der in New York einen "Durchbruch" für Bali gefordert hatte, zeigte sich zufrieden mit dem Verlauf. "Dieses Treffen hat ein machtvolles politisches Signal an die Welt und die Bali-Konferenz gesandt, dass es auf höchster Ebene den Willen und die Entschlossenheit gibt, mit der Vergangenheit zu brechen und entschieden zu handeln", sagte er.
Zuvor hatten Spitzenpolitiker aus 150 Ländern - darunter 80 Staats- und Regierungschefs - die Notwendigkeit zu einem raschen gemeinsamen Vorgehen betont. Merkel sagte: "Der Klimawandel wird zu dramatischen Schäden führen, wenn wir nicht entschlossen handeln." Auch Ban warnte vor "verheerenden Folgen", sollte die internationale Gemeinschaft nicht schnell reagieren. Merkel verwies auf die wachsenden Gefahren durch Überflutungen und Dürrekatastrophen und auf erwartete Wohlstandseinbußen von bis zu 20 Prozent.
US-Außenministerin Rice bekannte sich klar zu einem Klimaschutz unter dem Dach der Vereinten Nationen, machte aber deutlich, dass die USA mehr auf neue Technologien als auf den Abbau von Treibhausgasen setzen: "Unsere Bemühungen (...) sind auf die technologische Entwicklung ausgerichtet."
Kritik von Grünen und Linken
Nach Merkels Rede auf dem UN-Klimagipfel warfen Grüne und Linksfraktion der Kanzlerin vor, sich in der Klimapolitik vor konkretem Handeln zu drücken. "Der bislang für Deutschland vorgelegte Entwurf zum Klimaschutzgesetz erreicht die selbst gesteckten Ziele eindeutig nicht", sagte Grünen-Fraktionschefin Renate Künast in Berlin. Auch die Geschäftsführerin der Linksfraktion, Dagmar Enkelmann, forderte verstärkte Anstrengungen von Merkel.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) zog eine zweigeteilte Bilanz der Rede Merkels. "Sie hat die Dramatik des Klimawandels aufgezeigt", sagte die BUND-Vorsitzende Angelika Zahrnt über eine Sprecherin. Die Industriestaaten kämen aber nicht darum herum, den Entwicklungsländern auch finanziell zu helfen. Die Klimaschutzbemühungen der USA seien noch nicht ausreichend.
Regine Günther vom World Wildlife Fund (WWF) lobte bei n-tv die Rede Merkels. "Sie hat die sehr wichtigen Punkte benannt und sie hat mit einer sehr entscheidenden Frage eröffnet, die da lautete: In welcher Welt wollen wir zukünftig leben?" Zugleich kritisierte sie die Regierung Bush, die im Klimaschutz auf Freiwilligkeit setze. "Das ist der falsche Weg."
BDI gegen deutsches Klimaziel
Die Wirtschaft hält das deutsche Klimaziel für völlig unrealistisch, bis 2020 den Ausstoß des Klimakillers CO2 um 40 Prozent zu reduzieren. Mit Atomausstieg seien höchstens 31 Prozent machbar und bezahlbar, erklärte der Bundesverband der Deutschen Industrie in Berlin. Dennoch bot Verbandschef Jürgen Thumann der Regierung eine engere Zusammenarbeit beim Klimaschutz an. Das Umweltministerium begrüßte dies. Thumann präsentierte eine Studie der Unternehmensberatung McKinsey, die 300 denkbare Klimaschutzmaßnahmen auf die Kosten abgeklopft hatte.
Nach dem Atomgesetz sollen um 2020 herum die letzten Kernkraftwerke vom Netz gehen. SPD, Grüne und Umweltverbände übten teils heftige Kritik an der Studie. Lob kam von Union und FDP, die eine offene Debatte über längere Atomzeiten forderten. So könne das Klima jährlich um mehrere Millionen Tonnen CO2 zusätzlich entlastet werden.
Quelle: ntv.de