Giftpapiere Merkel will Lasten teilen
23.03.2009, 20:26 UhrBundeskanzlerin Angela Merkel hat sich in der Debatte über die Entsorgung "fauler Wertpapiere" aus Bank-Bilanzen für eine "faire Lastenteilung" ausgesprochen. Es müsse darauf geachtet werden, dass im Sinne der Gerechtigkeit die schlechten Risiken nicht beim Steuerzahler landen und privat agierende Banken am Ende die guten Chancen haben, sagte Merkel auf einer Veranstaltung des Bankenverbandes. Sie forderte mit Blick auf die Staatshilfen die Banken auf, nach Überwindung der Krise "einen Teil des Guten wieder an den Steuerzahler" abzugeben.
Mit Blick auf die jüngsten US-Pläne für Auslagerung "giftiger" Papiere aus den Bilanzen der Finanzinstitute sagte die Kanzlerin, sie sei gespannt, wie das System funktionieren werde. "Wir dürfen uns um das Thema nicht herumdrücken", betonte Merkel. Sie sprach sich erneut für Änderungen an den strengen Eigenkapitalrichtlinien Basel II für Banken aus, um die prozyklischen Effekte zu vermeiden. Das ohnehin nicht üppige Kreditvolumen der Banken dürfe in der akuten Krise durch Basel II nicht noch einmal massiv schrumpfen, sagte Merkel bei der Verabschiedung von Klaus-Peter Müller als Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB).
Besitzer wiederfinden
Müller hatte sich zuvor ebenfalls für eine faire Lösung bei der Bilanz-Bereinigung ausgesprochen und erneut den Vorschlag des BdB für einen "Mobilisierungsfonds" statt einer "Bad Bank" ins Spiel gebracht. Nach dem vor Wochen vorgelegten Modell soll beim staatlichen Rettungsfonds SoFFin eine Art "Bad Bank" geschaffen werden, die "Schrottpapiere" zwar zentral verwaltet, zugleich aber für jedes Institut ein eigenes Konto einrichtet. Bei der Lösung wäre gesichert, dass sich die Papiere auch später noch ihren ursprünglichen Besitzern zuordnen lassen.
Merkel sprach sich zugleich für Korrekturen an Elementen der 2008 in Kraft getretenen Unternehmensteuerreform aus, um Firmen in der Krise steuerlich zu entlasten: "Auch hier muss geguckt werden, dass wir nicht noch selbst Schlingen um die fallende Wirtschaft legen." Mit Blick auf den Welt-Finanzgipfel Anfang April in London sagte Merkel, es sei ein rechtes Maß an Überwachung erforderlich.
Ein langer Weg
Nach den Worten der Kanzlerin muss stärker über langfristig tragende Wachstumskräfte nachgedacht werden. "Das mit den Banken kriegen wir hin in einem überschaubaren Zeitraum." Die Frage sei aber, welche Länder gestärkt aus der aktuellen Krise hervorgehen und wie die Karten neu gemischt werden. Mit Konjunkturpaketen werde derzeit weltweit in Zukunftsbereiche investiert.
Merkel forderte die Bank-Manager auf, sich offen verständlicher Kritik von Menschen an Finanzmarktakteuren und der Auseinandersetzung zu stellen. "Seien Sie nicht so empfindlich, wenn Sie kritisiert werden." Dies sei notwendig, um gemeinsam die soziale Marktwirtschaft zu stärken. "Der Aufschwung wird nicht so schnell kommen, wie der Abschwung", sagte Merkel. Dies werde noch eine lange Wegstrecke sein.
"Das wird den Banken erlauben, ihre Bilanzen aufzuräumen", gab sich Geithner zuversichtlich. Dass die Regierung dabei auch einen Teil des Risikos übernimmt, ist für ihn selbstverständlich. Allerdings räumt auch der Finanzminister ein, dass der Plan lediglich die beste Option sei, die Regierung und Notenbank unter einer begrenzten Zahl von Möglichkeiten offen gestanden habe.
Kritik von Krugmann
Nobelpreisträger und "New York Times"-Kolumnist Paul Krugman, sonst der Regierung von Barack Obama durchaus zugetan, hielt mit seinem Ärger kaum hinterm Berg, nachdem bereits am Wochenende viele Details des Programms bekanntgeworden waren. "Herr Obama hat sich offenbar auf einen Plan festgelegt, der im Grund voraussetzt, das die Banken fundamental gesund sind und die Banker wissen, was sie tun."
Von einer "Einbahnstraßen-Wette" spricht Krugman: Funktioniert der Plan, machen die Investoren Kasse. Falls nicht, können sie ihren Schulden dank Staatsgarantie den Rücken kehren. "Es geht hier nicht darum, Marktkräfte arbeiten zu lassen. Es ist lediglich ein indirekter, versteckter Weg, den Kauf von giftigen Vermögenswerten zu subventionieren", schreibt der renommierte Experte.
Nach wie vor favorisiert Krugman eine vorübergehende Verstaatlichung der Banken - für viele Amerikaner und vor allem für die konservative Wall Street allerdings eine Horrorvorstellung. Der Nobelpreisträger verweist indes auf das Beispiel Schwedens in den 90er Jahren, wo man dadurch einer Finanzkrise Herr wurde. In den 80er Jahre hätten die USA selbst inmitten einer Sparkassen-Krise zu dem Mittel gegriffen. "Es gibt keinen Grund, weshalb wir dasselbe jetzt nicht auch machen können", argumentiert er.
"Wir sind die Vereinigten Staaten von Amerika, nicht Schweden", gibt Geithner zurück - und demonstrierte gemeinsam mit dem Rest von Obamas Wirtschaftsteam erst einmal Zuversicht. Von einem "beträchtlichen" Investoren-Interesse berichtete Wirtschafts-Chefberater Larry Summers. Die Genugtuung über die positive Reaktion der Börsen verbarg er kaum. "Wir werden nicht panisch, wenn die Märkte nach unten gehen. Wir werden nicht euphorisch, wenn sie steigen", meinte er. Aber dankbar sei man schon.
Quelle: ntv.de