Erfolge über Erfolge Merkel zieht Bilanz
23.07.2008, 16:50 UhrBundeskanzlerin Angela Merkel hat kurz vor Beginn der Sommerpause eine positive Bilanz der Regierungsarbeit der schwarz-roten Koalition gezogen. "Es hat sich als richtig erwiesen, dass wir uns den Slogan genommen haben: Investieren - Sanieren - Reformieren." Als Erfolge nannte sie die Schaffung von 1,6 Millionen neuen Arbeitsplätzen, die Sanierung des Haushalts, die Senkung der Lohnnebenkosten sowie das Klima- und Energiepaket.
Freude auf Obama
Merkel verteidigte ihre Einwände gegen einen zunächst erwogenen Auftritt des US-Präsidentschaftsbewerbers Barack Obama vor dem Brandenburger Tor. Sie freue sich, dass sie die Chance habe, Senator Obama an diesem Donnerstag persönlich kennenzulernen.
Die große Koalition sieht sie trotz der nahenden Wahlkämpfe nicht gefährdet. Bis zur Bundestagswahl im Herbst 2009 bleibe noch viel zu tun. "Ich erwarte, dass wir uns zusammensetzen und zusammenraufen, und zwar sowohl zwischen Union und SPD als auch zwischen Bund und Ländern", sagte die Kanzlerin in Berlin. Für die Zeit nach der Wahl sieht Merkel gute Chancen für einen Wechsel des Koalitionspartners. Parteien nannte sie dabei aber nicht.
Keine Zusage von der FDP
Auch FDP-Chef Guido Westerwelle wollte sich nicht auf eine schwarz-gelbe Koalition nach der Bundestagswahl festlegen. "Ich freue mich über das große Interesse von Union und SPD an der FDP. Wir werden nüchtern und sachlich darüber entscheiden, mit wem wir nach der Bundestagswahl eine Koalition eingehen wollen", sagte Westerwelle der "Passauer Neuen Presse".
Nach einer Forsa-Umfrage für "Stern" und RTL würden Union und FDP zusammen 50 Prozent der Stimmen erhalten, wenn am kommenden Sonntag Bundestagswahl wäre. Damit läge eine schwarz-gelbe Koalition 5 Punkte vor dem "linken" Wählerlager aus SPD, Linken und Grünen, die laut Forsa gemeinsam 45 Prozent erreichten. Nach der monatlichen Allensbach-Umfrage für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" reicht es dagegen für Union und FDP noch nicht: Beide Parteien kämen zusammen auf 47,7 Prozent, gegenüber 48,9 Prozent für SPD, Linke und Grüne.
"Bildungsgipfel" auf der Agenda
Das Bundeskabinett leiste sehr gute Arbeit, sagte die Kanzlerin weiter. Es sei normal, dass es öffentlich auch mal Auseinandersetzungen zwischen den Ministern gebe. Unter dem Strich sei dies nicht beunruhigend. "Ich glaube, dass da jeder seinen Anteil am Erfolg hat." Für ihre Partei erwartet die CDU-Vorsitzende 2009 ein gutes Wahlergebnis. Mit Blick auf die bayerische Landtagswahl am 28. September sagte Merkel, sie wünsche sich, dass die CSU ihr Wahlziel "50 Prozent plus X" erreicht.
Jetzt komme es zunächst darauf an, in der großen Koalition mit der SPD den Wählerauftrag umzusetzen und die noch notwendigen Arbeiten zu machen. Als wichtige Vorhaben für diese Wahlperiode nannte Merkel die Erbschaftsteuerreform, die Einführung des Gesundheitsfonds, die Erhöhung von Kinderfreibeträgen und Kindergeld, die Fortsetzung der Haushaltspolitik sowie den "Bildungsgipfel". Merkel will Ende Oktober mit den Länder-Ministerpräsidenten über eine Reform des deutschen Bildungssystems verhandeln.
Vollbeschäftigung möglich
Auf mittlere Sicht hält Merkel zudem Vollbeschäftigung in Deutschland für möglich. Dieses Ziel sei "realistisch". Angesichts der nachlassenden Konjunktur dürfe man aber "nichts Falsches tun", um Arbeitsplätze zu sichern, sagte die Regierungschefin. Sie erteilte der SPD-Forderung nach flächendeckenden gesetzlichen Mindestlöhnen eine erneute Absage und plädierte für die Stärkung der Tarifautonomie.
Wenn möglich, werde die Regierung den Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung Anfang 2009 weiter senken. Im Gespräch ist eine Ermäßigung von derzeit 3,3 auf 3,0 Prozent. Den Abbau der Arbeitslosigkeit in den vergangenen drei Jahren um 1,6 Millionen auf zuletzt 3,1 Millionen nannte Merkel "sehr erfreulich". Sie verbuchte diesen Erfolg auf das Konto der seit Herbst 2005 regierenden großen Koalition. In einigen Regionen wie München oder Stuttgart gebe es bereits Vollbeschäftigung. "Darin sieht man, dass das schaffbar ist."
Immer dickere Bretter zu bohren
Einen Termin, bis wann Vollbeschäftigung erreichbar sei, wollte die Kanzlerin nicht nennen. Die demografische Entwicklung spreche aber dafür, dass die Beschäftigungschancen der Menschen stiegen. Schwierig gestalte sich der Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit. "Ich glaube, dass das Brett, das wir bohren, immer dicker wird." Auf beschäftigungspolitische Maßnahmen in strukturschwachen Regionen Ostdeutschlands oder des Ruhrgebiets könne auch künftig nicht verzichtet werden. "Wir müssen uns um jeden bemühen."
Wirtschaftswachstum wird nachlassen
Eine Rezession droht nach Einschätzung der Kanzlerin derzeit nicht. Auch wenn das Wirtschaftswachstum nachlasse, werde es im kommenden Jahr "nicht zu einem Arbeitsplatzabbau kommen". Allerdings rechne sie nicht mehr mit einer weiterhin so starken Zunahme der Beschäftigung. Deswegen müsse alles vermieden werden, was die Wachstumskräfte schwäche.
FDP-Generalsekretär Dirk Niebel sagte zu dem Auftritt der Kanzlerin, Merkel habe sich "nicht nur in den Urlaub abgemeldet sondern vom Regieren bis zur Wahl". Ihrer Regierung fehlten "Kraft und Wille zur Entlastung der Bürger und der Mut zum wirksamen Sparen bei den Staatsausgaben".
Quelle: ntv.de