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Ampel habe überstürzt gehandelt Merz: Söders AKW-Solo-Vorstoß "diskussionsfähig"

Alle denkbaren Alternativen zur besseren Energieversorgung seien diskussionsfähig - auch dieser Vorschlag aus Bayern, sagte CDU-Chef Merz.

Alle denkbaren Alternativen zur besseren Energieversorgung seien diskussionsfähig - auch dieser Vorschlag aus Bayern, sagte CDU-Chef Merz.

(Foto: picture alliance/dpa)

Trotz landesweiter Abschaltung soll Bayern die Möglichkeit bekommen, den AKW-Meiler Isar 2 in Eigenregie zu betreiben - so die Forderung des CSU-Chefs Söder. Während es von der Schwesterpartei Unterstützung gibt, kritisiert die baden-württembergische Umweltministerin Söders Vorstoß scharf.

CDU-Chef Friedrich Merz will die Forderung von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder prüfen, Atomkraftwerke auch in Landesregie weiterzubetreiben. Angesichts der Folgen des Atomausstiegs für die Versorgungslage seien "alle denkbaren Alternativen zur besseren Energieversorgung diskussionsfähig - auch dieser Vorschlag aus Bayern", sagte Merz. Er kritisierte die Stilllegung der letzten drei deutschen Atomkraftwerke als "überstürzte Entscheidung der Bundesregierung" - "durchgesetzt letztendlich durch die Grünen".

Laut Merz waren die Folgen des Atomausstiegs unmittelbar spürbar: "Wir haben ja gestern schon gesehen, wie dann über Nacht im wahrsten Sinne des Wortes Atomstrom aus Frankreich importiert werden musste und Kohlestrom aus Polen", sagte er. "Es sind auch über Nacht die Preise bereits wieder nach oben gegangen." Gerade für Länder im Süden des Landes wie Bayern oder Baden-Württemberg sei die verordnete Abschaltung der AKW wegen ihrer speziellen Versorgungslage ein "unfreundlicher Akt", sagte Merz.

Söder: "Wir erwarten jetzt eine schnelle Lösung"

Seinen Wunsch für den Weiterbetrieb des Atomkraftwerks Isar 2 unter bayerischer Verantwortung erneuerte Söder heute trotz Kritik und rechtfertigte ihn mit der Energiepolitik des Bundes. Die Bundesregierung verweigere sich nachhaltig, "die bayerische Energieversorgung nur annähernd oder die süddeutsche ernst zu nehmen, während bei anderen Bundesländern die Zusage erfolgt, neue Gaskraftwerke auf den Weg zu bringen", sagte der bayerische Ministerpräsident nach einer Sitzung des CSU-Vorstands.

Weder Bayern noch Baden-Württemberg seien Alternativen für wegfallende Kohlekraftwerke angeboten worden. "Wir erwarten jetzt eine schnelle Lösung. Und ansonsten bieten wir tatsächlich an, die Zuständigkeit voranzubringen", sagte Söder. Wie genau er dies angehen wolle, ließ der Ministerpräsident aber offen. Ziel des Vorschlags sei es, in den nächsten Jahren Stabilität in die Energiepolitik zu bekommen.

Söder betonte ferner, die Umsetzung des einst auch von der CSU mitgetragenen Atomausstiegs, sei ein "sturer Beschluss gegen die Mehrheit der Bevölkerung" und gegen eine Mehrheit in der Europäischen Union. Dieser "schwere Fehler" werde Deutschland nachhaltig schaden und sei wenig glaubwürdig. Es könnten nicht auf der einen Seite Kernkraftwerke in der Ukraine als sicher und gut eingeschätzt werden, in Deutschland aber der Ausstieg propagiert werde und die wegfallende Energie dann mit "Kernkraft von woanders" kompensiert werden.

Mit Blick auf rechtliche Bedenken am Betrieb des Atommeilers unter bayerischer Aufsicht verwies Söder darauf, dass bisher auch die Länder fachlich und rechtlich alleine zuständig gewesen seien - einschließlich der jeweiligen Lagerung des Atommülls vor Ort. Den Vorwurf, "man habe die Meinung geändert", ließ Söder mit Verweis auf Finnland ebenfalls nicht gelten. Dort sei die kritische Haltung einst noch "entschlossener gewesen", nun aber setze das Land wieder auf die Kernenergie. Wenn die Wissenschaft etwas neu bewerte, sei es "zukunftsvergessen und einfach nur stur, diese Erkenntnisse nicht anzunehmen". Auf Nachfrage erklärte er, eine Endlagerung für eine Million Jahre sei wenig pragmatisch - "es gibt heute neue Reaktorforschung, die sogar das Thema Atommüll lösbar macht". Demnach könne aus Atommüll Energie gewonnen werden.

Umweltministerium: Söder kann selbst im Bundesrat tätig werden

Trotz der ebenfalls südlichen Lage sprach sich Baden-Württembergs Grünen-Umweltministerin Thekla Walker jedoch klar gegen den Weiterbetrieb von Atomkraftwerken in Landesverantwortung aus. Das sei Theaterdonner aus dem Bierzelt, sagte die Grünen-Politikerin in Stuttgart. Laut Grundgesetz liege die Zuständigkeit für die Atomkraft beim Bund. Der Vorstoß des bayerischen Regierungschefs sei komplett unrealistisch. "Das weiß er als ehemaliger Umweltminister und treibende Kraft des Atomausstiegs 2011 auch sehr genau."

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Das Bundesumweltministerium riet dem bayerischen Ministerpräsidenten derweil, sich mit seinem Vorstoß nach einer Länderzuständigkeit zur Weiterführung der abgeschalteten Atomkraftwerke direkt an den Bundesrat zu wenden. "Ich denke, ich sage kein Geheimnis, dass auch der Bundesrat Initiativen zur Änderung des Grundgesetzes ergreifen könnte", sagte Ministeriumssprecher Bastian Zimmermann in der Regierungspressekonferenz in Berlin. "Und auch kein Geheimnis, dass Bayern Mitglied des Bundesrates ist. Insofern muss Herr Söder diese Forderung gar nicht an den Bund richten, sondern kann, wenn er will, selbst tätig werden im Bundesrat." Das Grundgesetz regelt derzeit die Zuständigkeit des Bundes für die Nutzung der Atomkraft.

Der wahlkämpfende bayerische Ministerpräsident Söder hatte gefordert, das Atomgesetz noch einmal zu ändern und den Ländern die Zuständigkeit zu geben, damit Bayern den abgeschalteten Meiler in eigener Regie betreiben kann. Dies gilt allerdings als politisch ausgeschlossen. Grünen-Umweltministerin Steffi Lemke hatte die Forderung Söders umgehend zurückgewiesen. "Selbst wenn man den Reaktor, wie Herr Söder es offensichtlich will, wieder ans Netz bringen möchte, reicht es dazu nicht, ihm eine neue Laufzeit rechtlich einzuräumen. Es bedürfte quasi einer Neugenehmigung des Reaktors", sagte sie der "Süddeutschen Zeitung" und der "Bild"-Zeitung.

Quelle: ntv.de, ysc/dpa/AFP

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