Politik

Unionschefs beim Deutschlandtag Merz kommen fast die Tränen und Söder sorgt für Lacher

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Söder zeigte sich den Delegierten der Jungen Union als Teamplayer.

Söder zeigte sich den Delegierten der Jungen Union als Teamplayer.

(Foto: picture alliance/dpa)

Beim Deutschlandtag der Jungen Union treten die Parteichefs von CDU und CSU auf. Erst Merz, dann Söder. Beide sprechen die gleichen Themen an: Israel, Migration, Wirtschaft. Und doch sind es zwei völlig unterschiedliche Reden. Auch mit Blick auf die K-Frage.

Ist die Ampel wirklich stehend k. o., so wie CSU-Chef Markus Söder es seit Kurzem sagt, dann war es ein noch interessanterer Nachmittag als ohnehin schon. Beim Deutschlandtag der Jungen Union traten der bayerische Ministerpräsident und der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz als Redner auf - jene beiden also, die als aussichtsreichste Kandidaten für die Kanzlerkandidatur der Union gelten. An diesem Nachmittag in Braunschweig hielten sie zwar keine Bewerbungsreden. Doch sollte die Ampel tatsächlich auseinanderbrechen, stellt sich die Frage, wer die Union in die nächste Wahl führt. So gesehen war der direkte Vergleich allemal spannend.

Als er von seinem Besuch in einem jüdischen Gymnasium erzählte, wurde Merz ungewohnt emotional.

Als er von seinem Besuch in einem jüdischen Gymnasium erzählte, wurde Merz ungewohnt emotional.

(Foto: picture alliance/dpa)

Beide Vorsitzenden erlitten zuletzt Rückschläge. Bei der Landtagswahl am 8. Oktober kamen Söder und die CSU auf das schlechteste Ergebnis seit dem Zweiten Weltkrieg. Merz handelte sich einige Kritik ein, nachdem er in Stammtischmanier und sachlich falsch über Zahnbehandlung von Asylbewerbern hergezogen hatte. Doch im ersten Trendbarometer von RTL und ntv seit den Landtagswahlen in Hessen und Bayern steht die Union blendend da - mit 32 Prozent genauso stark wie SPD, Grüne und FDP zusammen. Und Söders Auftritt machte deutlich, dass er die Kandidatur noch nicht aufgegeben haben dürfte. Denn Bayern kam in seinen Ausführungen nur als Beispiel für sein gutes Regieren vor. Vor allem sprach er über Deutschland, Europa, die Welt - und natürlich ausgiebig über die Ampelkoalition, die er erneut als "k.o." bezeichnete. Nur dass die Union sich jetzt der SPD als Juniorpartner andienen soll, wie er es am Freitag gefordert hatte, das stellte er nun, und auch nur auf Nachfrage, lediglich als eine Möglichkeit von vielen dar.

Merz und Söder setzten auf dieselben Themen: Solidarität mit Israel, Migration, Wirtschaftspolitik. Doch der Sound war jeweils ein völlig anderer. Merz zeigte sich ergriffen, als er von einem Besuch in einem jüdischen Gymnasium in Berlin-Mitte berichtete. Er wurde immer leiser, als er von einem Gespräch mit Schülern erzählte. 200 Fotos der von der Hamas verschleppten Geiseln hätten in dem Raum gehangen.

Merz versagt fast die Stimme

Die jungen Menschen hätten ihm gesagt, ihr vorherrschendes Gefühl sei Angst. Angst vor der U-Bahn, vor dem Taxi, vor dem Einkaufen. Den Delegierten der Jungen Union sagte er: "Geht auf diese jungen Menschen zu und sagt ihnen, dass wir alles tun, damit sie in diesem Land ohne Angst leben können." Dabei versagte ihm fast die Stimme, ihm schienen die Tränen zu kommen. Ebenso ungewohnt klang es, als er dazu aufrief, Freundschaft mit jungen Muslimen zu schließen - sonst ist Merz' Standardbotschaft eher: Die sollen sich hier integrieren. "Geht auf diese jungen Muslime zu und sagt ihnen, dass sie gewünscht und gewollt sind, dass wir sie integrieren wollen, dann kann daraus etwas werden", sagte er jetzt.

So emotional war es bei Söder nicht, der sich aber ebenfalls klar zur Solidarität mit Israel bekannte. "Was ich satthabe, das sind diese Ja-Aber-Diskussionen. Es gibt nichts, was diesen terroristischen Angriff rechtfertigen oder entschuldigen kann", sagte er und forderte ein Schutzversprechen für jüdische Einrichtungen in ganz Deutschland. Für Bayern habe er das schon ausgesprochen. Antisemitismus müsse auch bekämpft werden, wenn er nicht von rechts komme, so Söder. Womit er beim Thema Migration angekommen war.

"Wer offen für die Hamas wirbt, wer das relativiert, hat keinen Platz in unserer Gesellschaft", rief er unter dem Applaus der Menge. Damit blieb er aber hinter der vielfach auf dem Deutschlandtag zu hörenden Forderung zurück, diesen Menschen den deutschen Pass zu entziehen und sie auszuweisen. Das war nicht ungeschickt von Söder, denn Passentzug und Rausschmiss mögen konsequent klingen, wären aber rechtlich schwer umzusetzen.

Beide, Söder und Merz, attackierten die Ampel. Söder wandelte am Rande von Comedy, als er den lachenden Delegierten seine Vorstellung davon beschrieb, wie die Grünen-Politikerinnen Annalena Baerbock und Claudia Roth in der Mongolei für feministische Außenpolitik werben. Scheinheilig behauptete er dann noch, er wolle das nicht ins Lächerliche ziehen. Sein Punkt dabei war, dass die Außenministerin im Ausland nicht die deutschen Interessen vertrete. Zum Beispiel leiste sie keinen Beitrag, um Rückführungsabkommen auszuhandeln. Söder meinte, es reiche nicht, dass dies der Sonderbeauftragte Joachim Stampp mache. Kanzler Olaf Scholz und Baerbock müssten da persönlich ran.

Außer einem guten Abendessen nichts passiert

Merz erneuerte sein Angebot an Scholz, gemeinsam etwas gegen die "unkontrollierte Zuwanderung" zu unternehmen. Seit der Bundeskanzler einen Deutschlandpakt angeboten habe, sei "außer einem guten Abendessen" nichts passiert, meinte der CDU-Chef. Das fand am vergangenen Freitag statt, als Scholz sich mit Merz und den Ministerpräsidenten von Hessen und Niedersachsen, Boris Rhein und Stephan Weil, getroffen hatte. Die Ampelkoalition hatte sich am Freitag zu einem Koalitionsausschuss getroffen - dabei dürfte es auch um das Thema Migration gegangen sein.

Söder sparte sich Sticheleien gegen Merz. Mit einer kleinen Ausnahme: Ein Sprung in den Umfragen sei noch keine stabile Mehrheit, erklärte er. Er selbst sagte aber mehrfach, wie wichtig nun Geschlossenheit sei und dass alle an einem Strang ziehen sollen. Das könnte für manche fast so unterhaltsam gewesen sein, wie sein Sketch über Baerbock und Roth. Denn Söder selbst war es gewesen, der im Wahlkampf 2021 immer wieder gegen den Kanzlerkandidaten der Union, Armin Laschet, quergeschossen hatte. Wofür er auf dem anschließenden Deutschlandtag vor zwei Jahren kritisiert worden war - in Abwesenheit. Es war jetzt das erste Mal seit 2020, dass Söder wieder zur JU gekommen war. Jetzt scheint aber alles wieder gut zu sein. Die Delegierten feierten Söder frenetisch und er bezeichnete die JU als "mega-geile Truppe".

So zeigte beide Vorsitzenden eine ungewohnte Seite: Statt sich immer knochenhart konservativ zu geben, ließ Merz Gefühl zu. Und Söder gab den Teamplayer. Das Signal der Geschlossenheit wäre allerdings noch etwas stärker gewesen, wenn Merz noch gemeinsam mit Söder auf der Bühne gestanden hätte. Doch als der CSU-Chef sprach, war der CDU-Chef schon längst wieder abgereist.

Quelle: ntv.de

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