Wahlversprechen kosten Milliarden Ministerium zweifelt an Regierungsplänen
05.09.2013, 10:53 Uhr
Ob er davon wusste? Röslers Mitarbeiter sehen die Pläne seiner Partei kritisch.
(Foto: REUTERS)
Diese Nachricht kommt für die schwarz-gelbe Koalition besonders ungelegen: Mitten im Wahlkampf zerpflückt das Wirtschaftsministerium die Wahlprogramme von Union und FDP. Ob der Boss der Beamten davon wusste? Minister Rösler ist schließlich auch FDP-Parteichef.
Das Bundeswirtschaftsministerium zweifelt einem Zeitungsbericht zufolge an den Haushaltszielen der Bundesregierung, falls Union und FDP ihre Wahlversprechen umsetzen. Sollten die Maßnahmen aus den Wahlprogrammen realisiert werden, würde sich die Neuverschuldung des Bundes im kommenden Jahr um "rund sieben bis acht Milliarden Euro mehr als verdoppeln", berichtet die Zeitung "Rheinische Post" unter Berufung auf ein ihr vorliegendes internes Dokument aus dem Ministerium, das ausgerechnet der FDP-Vorsitzende Philipp Rösler leitet.
Die Neuverschuldung würde nach Berechnungen der Beamten dann nicht wie geplant bei 6,2 Milliarden Euro, sondern bei bis zu 14 Milliarden Euro liegen. "Bei Umsetzung aller Maßnahmen könnte das Ziel eines strukturellen Haushaltsausgleich wohl nicht eingehalten werden", heißt es dem Bericht zufolge in dem Papier. In den Folgejahren würde die Neuverschuldung "noch deutlicher steigen".
"Soli"-Absenkung schlägt besonders ein
Auf 13 Seiten zählen die Fachleute auf, welche finanziellen Auswirkungen die Wahlversprechen von Union und FDP hätten. Eine Abmilderung der sogenannten kalten Progression im Steuerrecht würde ab dem Jahr 2015 demnach jährlich etwa 2,4 Milliarden Euro kosten, eine von der FDP geforderte schrittweise Absenkung des Solidaritätszuschlags sechs Milliarden Euro ab dem Jahr 2014.
Die Anhebung des Kinderfreibetrags würde den Angaben zufolge Steuerausfälle von jährlich 1,2 Milliarden Euro bedeuten, die Erhöhung des Kindergelds um zehn Euro pro Monat je Kind nochmals 700 Millionen Euro. Ein von CDU und CSU verlangtes Infrastrukturprogramm würde demnach 1,5 Milliarden Euro pro Jahr kosten.
Geringere Einnahmen als erwartet
Die von der Union geforderte sogenannte Lebensleistungsrente schlüge den Ministeriumsberechnungen zufolge bis zum Jahr 2017 mit insgesamt 1,5 Milliarden Euro zu Buche. Insgesamt könnten vorgesehene Anpassungen im Rentensystem demnach mittelfristig den Bundeshaushalt belasten. Die Reserven in der Rentenkasse wären "spätestens 2018 aufgebraucht", hieß es.
Die geplanten Einnahmen durch die Einführung einer Finanztransaktionssteuer von fast zwei Milliarden Euro im Jahr 2015 wären "selbst bei gutem Willen aller Beteiligten" wegen technischer Herausforderungen nicht zu erreichen, wie die Experten ausführen. Die Fortführung eines "wachstumsorientierten Konsolidierungskurses" wäre mit einer Umsetzung der Maßnahmen "kaum vereinbar", hieß es.
Quelle: ntv.de, jtw/AFP/dpa