"Mit heißem Herzen" für Merkel Seibert ohne Wetter
16.08.2010, 14:17 Uhr
Merkel und ihr Neuer: Seibert muss nun die schwarz-gelbe Regierungspolitik erklären.
(Foto: REUTERS)
Eben noch in den Nachrichten und nun Teil der Regierung: Ex-Moderator Seibert tritt sein Amt als Sprecher der Bundesregierung an. "Ich übe noch", bekennt er bei seiner Premiere und outet sich als Bewunderer von Kanzlerin Merkel. Umstritten bleibt sein Wechsel aber trotzdem.
Dass er ordentlich Lampenfieber hat, gibt Steffen Seibert offen zu. "Ich bin echt nervös. Es ist wie Abi, Führerscheinprüfung und diverse andere Dinge zusammen", erklärt der neue Regierungssprecher bei seinem ersten Auftritt vor der versammelten Hauptstadtpresse. Deswegen auch die Berge von Papier auf seinem Tisch. Er sei trotzdem "grundsätzlich optimistisch", was seine Arbeit betrifft. Aber: "Ich übe noch".
Es ist Seiberts erster Auftritt vor der Bundespressekonferenz, die Premiere des bisherigen ZDF-Nachrichtengesichts in seinem Amt als Sprecher der schwarz-gelben Bundesregierung. Und als Zuschauer muss man sich erst noch daran gewöhnen, dass er bei Themen wie der Flutkatastrophe in Pakistan oder der Energiepolitik nun immer von "der Bundesregierung" spricht, keine Einspielfilme laufen und am Ende nicht das Wetter kommt. Ein in den Augen der Bundesregierung durchaus wünschenswerter Effekt. Denn von nun an erklärt Seibert schließlich die schwarz-gelbe Politik, und der kann glaubwürdiges Schönreden derzeit nicht schaden.
Ein Wechsel mit Fragezeichen
Es ist ein umstrittener Wechsel mit einigen Fragezeichen, den Seibert vollzogen hat. Für viele hat es zumindest ein "Geschmäckle", wie Politik und öffentlich-rechtlicher Rundfunk so eng beisammen sind. Denn während Seibert vom Nachrichtenstuhl auf die Regierungsbank wechselt, wird sein Vorgänger Ulrich Wilhelm Intendant des Bayerischen Rundfunks. Und Seibert hat beim ZDF zumindest eine theoretisch garantierte Rückkehr-Option, sollte das mit dem Amt des Regierungssprechers allzu schnell vorbei sein.

Der Wechsel des Nachrichtenmoderators auf die Regierungsbank ist gewöhnungsbedürftig - und nicht unumstritten.
(Foto: APN)
Dabei ist es doch eigentlich nur ein ganz normaler Berufswechsel, sollte man meinen. Wechsel von Journalisten in Pressestellen gehören zum Alltag, der Rückweg in die Redaktionen ist ihnen dann allerdings meist versperrt. Seibert ist auch nicht der erste öffentlich-rechtliche Bedienstete, der das Amt des Regierungssprechers übernimmt. Der frühere ZDF-Intendant Dieter Stolte bezeichnet den Wechsel des 50-Jährigen sogar als "eine Auszeichnung" für das Mainzer Medienhaus.
Doch nicht nur die fließenden Übergänge zwischen Rundfunk und Regierung werfen Fragen auf. Als geneigter Beobachter möchte man Seibert fragen, warum er sich das antut. Die Politik von Schwarz-Gelb zu erklären, kann nun wirklich kein Traumjob sein.
Bewunderung für die Kanzlerin
Es ist vor allem die Bundeskanzlerin, die ihn lockt, verrät Seibert bei seinem Auftritt. Er teile die Ziele der Regierung und hege Sympathie, gar Bewunderung für die Arbeit von Angela Merkel. Dass man ihm diese Bewunderung bislang nicht angemerkt hat, nimmt er als Kompliment für seine bisherige Arbeit als Nachrichtenmann. Er wurde nach eigenen Worten auch selbst von dem Angebot überrascht, habe aber nicht lange überlegt und nach einem Gespräch mit seiner Frau "mit heißem Herzen zugesagt". Ansonsten will er den Wechsel herunterspielen. Es sei einfach ein neues Kapitel in "meinem eigenen kleinen Leben", erklärt Seibert noch.
Ob dieses Kapitel einen erfolgreichen Verlauf nimmt, wird vor allem vom Verhältnis Seiberts zu seiner neuen Chefin abhängen. Vorgänger Wilhelm galt als einflussreicher Vertrauter und wurde deshalb von den Medien als glaubwürdiger Gesprächspartner ernst genommen.
Seibert braucht Vertrauen
Merkel versprach bei Seiberts Vorstellung denn auch größtmögliche Offenheit. Er werde "Zugang haben zu den eigentlichen Ecken und Räumen und Teilen, wo wirkliche Entscheidungen fallen". Sie neige dazu, möglichst nur die Ergebnisse der politischen Arbeit bekanntzugeben. "Wenn wir dazwischen eine gute Balance finden, dass sowohl ein Teil des Prozesses sichtbar wird als vor allen Dingen dann auch das Ergebnis, dann glaube ich, kann das eine gute Zusammenarbeit werden."
Merkels neuer "Dienstleister", wie sie ihre Sprecher nennt, hat also durchaus gute Voraussetzungen. Und Seibert, so verriet er, ist Berufsoptimist. Anders geht so ein Job beim derzeitigen Zustand von Schwarz-Gelb wohl auch nicht.
Quelle: ntv.de