Notfalls "für Bolivien sterben" Morales verteidigt Reform
14.09.2008, 15:17 UhrBoliviens Präsident Evo Morales hat angesichts der gewaltsamen Auseinandersetzungen um seinen Reformkurs seine Anhänger dazu aufgerufen, seine Politik notfalls mit dem Leben zu verteidigen. Die Gouverneure der fünf oppositionellen Provinzen sprachen sich zwar für Verhandlungen mit der Regierung aus, drohten jedoch mit einem sofortigen Abbruch der Gespräche im Falle weiterer Todesfälle. Die fünf reichen Regionen setzen sich gegen Morales' Umverteilungspläne zu Gunsten der ärmeren Landesteile zur Wehr.
Morales rief seine Anhänger mit scharfen Worten dazu auf, seine sozialistischen Reformen zu verteidigen und notfalls dafür zu sterben. Die "demokratische Revolution" müsse zu Ende gebracht werden, sagte Morales vor Gewerkschaftsführern. "Immer haben wir gerufen: 'Vaterland oder Tod." Morales nannte die Politik der Provinz-Gouverneure einen "faschistischen und rassistischen Staatsstreich". "Wenn wir nicht als Sieger hervorgehen, müssen wir für unser Land und das bolivianische Volk sterben", sagte der Präsident.
Mindestens 18 Tote
In der schwersten Krise seit Morales Amtsübernahme im Jahr 2006 kamen nach offiziellen Angaben mindestens 18 Menschen ums Leben. Wie Innenminister Alfredo Rada bestätigte, wurden im nördlichen Departamento Pando die Leichen von acht Landarbeiten gefunden. Die Toten seien an einem Flussufer nahe der Ortschaft Porvenir gefunden worden, wo seinen Angaben zufolge bereits am Donnerstag acht Leichen entdeckt wurden.
Rada machte den Gouverneur von Pando, Leopoldo Fernandez, für das "Massaker" verantwortlich. Die Arbeiter seien kaltblütig niedergeschossen worden und nicht bei den Zusammenstößen ums Leben gekommen, sagte der Innenminister. Wegen anhaltender Gewalt und Plünderungen durch rechtsgerichtete Gruppen hatte die Regierung für Pando den Ausnahmezustand verhängt. Bei Zusammenstößen mit aufgebrachten Demonstranten wurde dort in der Nacht zu Samstag nach örtlichen Medienberichten ein Soldat getötet. Unbestätigten Medienberichten zufolge setzte sich Gouverneur Fernandez inzwischen nach Brasilien ab.
Die Gouverneure der Provinzen Tarija, Santa Cruz, Beni, Pando und Chuquisaca Santa Cruz, Beni, Pando und Chuquisaca einigten sich am Samstag darauf, Gespräche mit der Regierung aufzunehmen. Im Falle weiterer Todesfälle oder Verletzter werde aber jegliche Möglichkeit für einen Dialog zunichte gemacht, sagte der Gouverneur der Provinz Tarija, Mario Cosso.
Verfassungsreform spaltet Land
Morales strebt eine Verfassungsreform an, die den armen Regionen des Landes mit indianischer Bevölkerungsmehrheit eine größere Teilhabe an den Ressourcen des Landes sichern soll. Die reichen Regionen des Andenstaates, in denen viele Nachfahren europäischer Einwanderer leben, wenden sich gegen die Pläne und fordern Autonomie.
Der Streit wirkte sich auch auf die Beziehungen zu den USA aus. Der US-Botschafter wurde aus Bolivien ausgewiesen, da er die Autonomiebestrebungen der reichen Regionen unterstützt habe. Der Diplomat wurde am Sonntag zurück in Washington erwartet. Venezuelas Präsident Hugo Chvez wies aus Solidarität ebenfalls den US-Botschafter aus. Washington reagierte seinerseits mit der Ausweisung der Botschafter der beiden Länder.
Quelle: ntv.de