Ägyptens Präsident besucht Berlin Mursi lehnt Einheitsregierung ab
30.01.2013, 16:16 Uhr
Auf konkrete Maßnahmen in der aktuellen Krise wollte sich Mursi nicht festlegen lassen.
(Foto: dapd)
Ägypten soll nicht zu einem Gottesstaat werden, er selbst will sich nicht an die Macht klammern, sagt Präsident Mursi. In aktuellen Fragen zeigt er sich aber kompromisslos: Von der Idee, die Opposition in die Regierung einzubinden, will er nichts wissen. Dann wird Mursi noch auf sein Zitat angesprochen, wonach Juden "von Affen und Schweinen" abstammen.
Der ägyptische Präsident Mohammed Mursi hat zugesichert, sein Land weiter zu einem demokratischen Rechtsstaat reformieren zu wollen. Ägypten werde nicht militärisch und nicht theokratisch geführt werden, sagte er nach einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin. Meinung und Gegenmeinung bekämen ihren Platz, Machtwechsel seien möglich.
Die Bildung einer Allparteienregierung lehnte er jedoch ab. In drei bis vier Monaten werde ein neu gewähltes Parlament zusammentreten und dann eine neue Regierung wählen. Bis dahin bleibe er im Amt. Außerdem arbeite seine Regierung "im Sinne aller Ägypter". Derweil melden die Nachrichtenagenturen aus Kairo, dass bei neuen Protesten zwei Demonstranten ums Leben gekommen seien.
Der Ausnahmezustand, den er zur Eindämmung von gewalttätigen Protesten verhängt hatte, sei nur vorübergehend. Die Bürgermeister der drei betroffenen Städte hätten den Auftrag, den Ausnahmezustand zu beenden, sobald sich die Lage beruhigt habe.
Zugleich lobte Mursi das Engagement Deutschlands: Die Bundesrepublik sei eines der ersten Länder gewesen, das den Transformationsprozess begleitet habe. Gleichzeitig betonte er aber auch die Selbstständigkeit seines Staates: Die Beziehungen beider Länder beruhten auf Vertrauen und Respekt - und es gebe keine Einmischung in die inneren Angelegenheiten des anderen.
Antisemitische Äußerungen "aus dem Zusammenhang" gerissen
Von einem deutschen Journalisten auf seine Äußerungen angesprochen, nachdem das jüdische Volk "von Affen und Schweinen" abstamme, sagte Mursi, dies sei "aus dem Zusammenhang gerissen worden". Er habe sich kritisch gegenüber völkerrechtswidrigem Blutvergießen geäußert, nicht aber gegenüber den Israelis. "Ich habe nichts gegen das Judentum und ich habe nichts gegen die Juden", fügte er hinzu. "Meine Religion verpflichtet mich, alle Religionen zu respektieren."
Laut Merkel war die Äußerung auch Teil ihres Gesprächs mit Mursi. Beide Regierungschefs fühlten sich dem Friedensprozess im Nahen Osten mit dem Ziel einer Zwei-Staaten-Lösung verpflichtet. Thema sei außerdem die wirtschaftliche Entwicklung sowie die Lage in Syrien und in Mali gewesen.
Einen Fortschritt soll es beim Thema der politischen Stiftungen gegeben haben: Die Konrad-Adenauer-Stiftung, der die Arbeit in Kairo verboten worden war, soll diese nun auf Basis eines Kulturabkommens wieder aufnehmen können.
Der Besuch Mursis in Berlin wurde aufgrund der instabilen Lage in Ägypten verkürzt. Schon am Abend fliegt er wieder nach Kairo zurück. Ein Besuch in Paris wurde ganz abgesagt.
Quelle: ntv.de, che