Sicherheitskonferenz NATO könnte scheitern
08.02.2008, 07:11 UhrBegleitet von heftigen Debatten über den NATO-Einsatz in Afghanistan beginnt heute die 44. Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik. Auftakt ist ein Festessen am Abend, bei dem der serbische Präsident Boris Tadic sprechen wird. Unter den 350 Gästen sind mehrere Staatschefs sowie rund 40 Außen- und Verteidigungsminister. Das Motto der bis Sonntag dauernden Konferenz lautet: "Eine Welt in Unordnung - veränderte Machtverhältnisse - fehlende Strategien".
Der Leiter der Konferenz, Horst Teltschik, forderte eine wesentlich bessere Ausstattung der NATO. "Wir brauchen in der NATO mehr Ressourcen finanzieller und militärischer Art, das ist der Punkt", sagte er im Interview mit n-tv.de. Die NATO übernehme immer mehr internationale Verpflichtungen, ohne genügend finanzielle Mittel zur Verfügung zu haben.
Ein stärkeres Engagement des Bündnisses sei der einzige Weg, um ein drohendes Scheitern des Afghanistan-Einsatzes abzuwenden. "Es müssen so viele Soldaten nach Afghanistan geschickt werden, dass die Stabilität gesichert und ein friedlicher Aufbau möglich ist." Auch Deutschland werde sich aus dieser Zwickmühle nicht mehr lösen können. "Wir kommen nicht darum herum, mehr militärische Unterstützung auch im Süden Afghanistans zu leisten", so Teltschik.
"Deutschland wird nicht am Hindukusch verteidigt"
Zugleich bezweifelt Teltschik die These, dass Deutschlands Sicherheit am Hindukusch verteidigt werde. "Das war die Position der rot-grünen Regierung aus dem Jahr 2002", so Teltschik. Er habe schon damals Zweifel daran gehabt. "Aber wir haben uns nun mal entschieden, und wir können nicht den Mund spitzen und dann nicht pfeifen." Wenn Deutschland sich jetzt aus Afghanistan zurückziehe, werde es sein Gewicht in der NATO verlieren. "Also müssen wir auch die Folgen tragen. Doch dazu scheinen mir gerade auch die, die es entschieden haben, immer weniger bereit zu sein."
USA haben an Glaubwürdigkeit verloren
Teltschik, der nach zehn Jahren letztmalig die hochrangig besetzte Sicherheitskonferenz leitet, sieht neben der NATO vor allem die USA in den kommenden Jahren in der Pflicht. Auf die Frage, ob die Glaubwürdigkeit und das Ansehen der USA unter Präsident George Bush gelitten hätten, sagte Teltschik: "Das ist die Ausgangslage". Wer auch immer im November zum Präsidenten oder zur Präsidentin der Vereinigten Staaten gewählt werde, müsse eine zentrale Aufgabe bewältigen: "Das ist fast vergleichbar mit der Aufgabe Reagans nach dem Vietnamkrieg, das Selbstbewusstsein im eigenen Land wieder aufzubauen und die Glaubwürdigkeit in der internationalen Politik wiederherzustellen."
Strategische Neuausrichtung gefordert
Unterdessen relativierte auch der Präsident der Bundesakademie für Sicherheitspolitik, Rudolf Adam, die Bedeutung der Kampfeinsätze in Afghanistan. Er regte stattdessen eine strategische Neuausrichtung an. Wenn es darum gehe, die Herzen und Köpfe der Afghanen zu gewinnen, müsse stärker über eine Kommunikationsstrategie und über Aufklärungskampagnen nachgedacht werden. "Dann ist der einzelne Kampf, die Frage, wer welches Dorf kontrolliert, vielleicht nicht gar so wichtig wie die Frage: Wie kann sich die afghanische Bevölkerung ein Bild von der Lage machen, in der sie lebt", sagte Adam der "Rheinischen Post".
Quelle: ntv.de