Zusatz-Reibach im Bundestag Nebenverdienste steigen auf 53 Millionen Euro
10.07.2021, 09:21 Uhr
261 von 709 Bundestagsabgeordneten üben laut Studie bezahlte Nebentätigkeiten aus.
(Foto: picture alliance / Flashpic)
Mitglieder des Bundestages verdienen monatlich rund 10.000 Euro. Für einen Teil scheinen die Diäten allerdings nicht zu reichen. Vor allem Abgeordnete der Union und FDP erwirtschaften hohe Summen nebenher, belegt eine neue Studie nun.
Die Nebeneinkünfte von Bundestagsabgeordneten sind einem Bericht zufolge in der aktuellen Legislaturperiode stark gestiegen. Seit einer ersten Bilanz im Jahr 2013 von geschätzt 30 Millionen Euro hätten sie sich nun auf etwa 53 Millionen Euro erhöht, schreibt die "Süddeutsche Zeitung" unter Berufung auf eine Studie der Otto-Brenner-Stiftung, die zur Gewerkschaft IG Metall gehört. 62 Prozent der Nebenverdiener kommen demnach aus der Unions- und der FDP-Fraktion.
Der Studie zufolge haben von den 709 Abgeordneten des Bundestages 261 angegeben, dass sie außer ihrem Mandat noch bezahlte Nebentätigkeiten ausüben. Nebeneinkünfte werden deshalb als "Problem einer privilegierten Minderheit von Abgeordneten" bezeichnet. Auch unter den Abgeordneten mit Nebeneinkünften lässt sich noch weiter differenzieren: So gebe es 17 Abgeordnete, auf die die Hälfte der Gesamteinnahmen entfielen. Sie hätten im Schnitt mindestens 700.000 Euro Nebeneinkünfte pro Jahr angegeben.
Auch der Anteil der Abgeordneten mit Nebentätigkeit sei gewachsen, heißt es in der Studie - von rund 33 auf 35 Prozent seit der Wahlperiode 2009 bis 2013. Am häufigsten wird dabei "Anwalt" als Beruf angegeben, Bundestagsabgeordnete sitzen aber auch in Aufsichts- oder Beiräten von Unternehmen, oder sind für Verbände und Stiftungen tätig. "Es kann angenommen werden, dass mit jeder Meldung einer Nebentätigkeit auch eine Gegenleistung erbracht wurde - also Zeit auf Kosten des Mandats in Anspruch genommen wurde", heißt es in der Studie. Deren Autoren weisen auch darauf hin, dass es Sinn der Diäten eigentlich sei, die Abgeordneten "von anderen Einkommensquellen unabhängig zu machen".
Laut Studie gehen Abgeordnete der Liberalen am häufigsten Nebentätigkeiten nach - 62 Prozent der Männer und Frauen der Fraktion täten dies. Bei der Union seien es 43 Prozent, bei der AfD 32, bei SPD, Grünen und Linken je zwischen 21 und 26 Prozent. Grüne und Linke profitieren dabei aber am wenigsten finanziell. Auf die Grünen entfalle nur ein halbes Prozent der geschätzten 53 Millionen Euro Nebeneinkünfte, auf die Linke knapp 2 Prozent. Den größten Batzen heimsen die Unionsabgeordneten mit durchschnittlich fast 59 Prozent ein. Auch das Geschlecht spielt eine Rolle: So üben 41 Prozent der Männer eine Nebentätigkeit aus, aber nur 24 Prozent der Frauen.
Nach einer Verschärfung der Transparenzregeln als Folge der Maskenaffäre und Fällen von bezahlter Lobbyarbeit für Aserbaidschan durch Unionsabgeordnete müssen Nebeneinnahmen von mehr als tausend Euro monatlich künftig nicht mehr in Stufen angegeben, sondern genau beziffert werden. Die Studie bemängelt, dass auch mit dem neuen Verfahren eine genaue Kontrolle der Angaben nicht gewährleistet ist. Der Autor Sven Osterberg schlägt vor, zur Prüfung eine eigene Kommission aus Abgeordneten und externen Experten zu berufen. Auch eine Obergrenze für Nebeneinkünfte sei denkbar.
Quelle: ntv.de, hny/vpe/AFP