Rechtsextreme in Netzwerken Neonazis heimsen "Gefällt mir"-Klicks ein
12.08.2014, 17:12 Uhr
Glaser und Schwesig warnen vor Nazis im Netz.
(Foto: dpa)
Neonazis haben eine Glatze, grölen rechtsextreme Parolen und bewaffnen sich gern mit Baseballschlägern - könnte man meinen. Doch die Realität ist mittlerweile viel komplexer. Längst sind sie im Internet aktiv. Und das mit zunehmendem Erfolg, wie ein neuer Bericht zeigt.
Deutsche Rechtsextreme verbreiten ihre Propaganda immer gezielter in sozialen Netzwerken. Neonazis erzielten vor allem mit rassistischem Humor eine große Reichweite bei Jugendlichen, schrieb die Organisation Jugendschutz.net in ihrem Jahresbericht "Rechtsextremismus Online".
"Einerseits werden Jugendliche geködert mit modernen, poppigen, fetzigen Kampagnen bei Facebook, YouTube und Co. Und gleichzeitig erleben wir, dass es immer mehr blanken Hass gibt", sagte Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig bei der Vorstellung des Berichts in Berlin. Neben geschmacklosen Witzen würden vor allem extremistische Parolen zu aktuellen Themen wie dem Gaza-Krieg im Internet tausendfach - und häufig unbedacht - geliked oder geteilt, sagte Stefan Glaser von Jugendschutz.net. "Das Social Net führt dazu, dass sich solche Inhalte schneeballartig verbreiten." Damit könnten rassistische Botschaften auch Jugendliche außerhalb des rechtsextremen Spektrums erreichen.
"Der zweite Trend ist, dass wir feststellen, dass sich offener Hass immer häufiger Bahn bricht", sagte Glaser. Unverschleierte und grausame Bilder, Videos oder Texte in Netzwerken und auf Websites stießen auf enorme Zustimmung - so zum Beispiel offene Hetze gegen Sinti und Roma sowie Gewaltvideos gegen Homosexuelle. Laut Bericht stieg die Gesamtzahl der gesetzeswidrigen Botschaften 2013 auf einen neuen Höchststand von 1842. Im Jahr 2012 waren es noch 1673 Fälle.
Gefährliche Inhalte sofort melden
Ein großes Problem bei der Strafverfolgung und Löschung der Inhalte ist, dass ein Großteil auf ausländischen Servern lagert. Zwar laufe die Zusammenarbeit mit Plattformen wie YouTube, Facebook und Twitter gut und gemeldete Einträge würden schnell gelöscht oder zumindest in Deutschland gesperrt. Rechtsextreme in anderen Netzwerken müssten dagegen kaum Konsequenzen für Hetze befürchten, beklagte Glaser. "Ich fordere alle Provider auf, die gesetzlichen Möglichkeiten zu nutzen", sagte Ministerin Schwesig.
Es zeige sich, "dass Rechtsextreme nicht mehr nur glatzköpfig mit Springerstiefeln unterwegs sind, sondern dass sie die moderne, neue Welt nutzen", sagte Schwesig. Dabei gehe es vor allem und die sozialen Netzwerke. Schwesig rief alle Internetnutzer auf, menschenverachtende Inhalte an Organisationen wie jugendschutz.net zu melden. "Einfaches 'Wegklicken' hilft da nicht", sagte die Ministerin. Auffällige Webbeiträge könnten bei jugendschutz.net gemeldet werden. Provider und Betreiber von Webseiten müssten Hassbeiträge von den Plattformen löschen. Schließlich müssten Eltern und Lehrer darüber aufgeklärt werden, wie sie Kinder und Jugendliche für die Auseinandersetzung mit Hass und Rassismus stärken können.
Quelle: ntv.de, vpe/dpa/AFP