Politik

Mindestlöhne und Kindergeld Neue Armut, alte Rezepte

Der neue Armutsbericht hat eine hitzige Debatte über die richtige Strategie zur Armutsbekämpfung ausgelöst. Dabei werden allerdings ausschließlich die altbekannten Forderungen präsentiert.

Während die SPD für Mindestlöhne wirbt, kommen aus der Union neue Forderungen nach vorzeitigen Steuersenkungen. Sozialdemokraten plädieren zudem dafür, Wohlhabende stärker zu belasten. Nach Ansicht der Unionsfraktion geht als Konsequenz aus den neuen Daten kein Weg an einer Erhöhung des Kindergeldes im nächsten Jahr vorbei. Die Sozialverbände verlangen, die Regelsätze für Hartz-IV-Empfänger spürbar aufzustocken.

Jeder Achte von Armut bedroht

Dem Armuts- und Reichtumsbericht zufolge sind 13 Prozent der Deutschen und damit jeder Achte von Armut bedroht. Ohne staatliche Hilfen würde gar jeder vierte Bürger als arm gelten. Nach einer Definition der EU ist von Armut bedroht, wer als Alleinlebender weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens in seinem Land verdient. Für Deutschland fällt in diese Kategorie, wer weniger als 781 Euro netto pro Monat bekommt. Als reich wird eingestuft, wer als Alleinlebender mehr als 3418 Euro im Monat netto hat. Dies sind in der Bundesrepublik 8,8 Prozent der Gesamtbevölkerung.

Am gravierendsten stelle sich die Lage für Langzeitarbeitslose, Alleinerziehende und deren Kinder sowie für Menschen mit schlechter oder fehlender Berufsqualifikation dar, sagte Bundesarbeitsminister Olaf Scholz. Die im Entwurf enthaltenen Einkommenszahlen beziehen sich allerdings auf den Zeitraum bis 2005, in denen sich Konjunktur und Arbeitslosigkeit weitaus negativer darstellten als zurzeit.

Scholz warb erneut für eine gesetzliche Lohnuntergrenze. "Das ist etwas, was überall auf der Welt gang und gäbe ist, nur bei uns nicht", kritisierte er in Richtung Union. Rund zwei Millionen Vollzeittätige verdienten mittlerweile unter 7,50 Euro pro Stunde. Auch SPD-Generalsekretär Hubertus Heil bekräftigte diese alte Forderung seiner Partei. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla warnte hingegen, Mindestlöhne vernichteten Stellen und seien kein Mittel zur Armutsbekämpfung.

Vermögensteuer wieder auf dem Tisch

Aus der SPD kamen Forderungen nach Wiedereinführung der Vermögensteuer. Nötig sei eine neue Solidarität, forderte der SPD-Sozialexperte Karl Lauterbach in der "Neuen Presse". "Ohne die Hilfe derjenigen mit den hohen Einkommen und Vermögen wird das nicht gehen." Auch der Vorsitzende der Linken in der SPD-Bundestagsfraktion, Ernst Dieter Rossmann, plädierte für eine stärkere Belastung der Reichen.

Linksparteichef Oskar Lafontaine beklagte, die Tatsache, dass jeder Achte arm sei und jeder Vierte von Armut bedroht, sei mit dem Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes unvereinbar. "Hier wird fortgesetzter Verfassungsbruch begangen." Nötig sei ein gesetzlicher Mindestlohn.

Scholz warnt vor Steuersenkungen

Nach Ansicht des familienpolitischen Sprechers der Unionsfraktion, Johannes Singhammer (CSU), zeigen die Zahlen, wie sehr eine Kindergelderhöhung Armut reduzieren könne. Man komme daher um eine Anhebung im nächsten Jahr nicht herum. Der Punkt ist in der Koalition noch strittig. Der mittelstandspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Michael Fuchs, sprach sich im ZDF dafür aus, den von Armut bedrohten Menschen durch Steuersenkungen noch vor der Bundestagswahl zu helfen. Auch von der CSU, die die unionsinterne Steuerdebatte angestoßen hatte, kamen erneut Forderungen in diese Richtung.

Arbeitsminister Scholz warnte jedoch, Steuersenkungen ohne Gegenfinanzierung bürgen die Gefahr, dass am Ende die auf Hilfe angewiesenen Menschen darunter zu leiden hätten.

Der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband und der Sozialverband VdK plädierten für eine Aufstockung der Sätze für Hartz-IV-Empfänger auf 420 Euro.

Quelle: ntv.de

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