"Beck hat nicht zugehört" Neuer Streit in Koalition
12.06.2008, 08:57 UhrNach dem Treffen der Koalitionsspitzen ist zwischen Union und SPD Streit über die Verhandlungsergebnisse ausgebrochen. SPD-Generalsekretär Hubertus Heil widersprach Berichten, nach denen weiter Dissens beim Thema Mindestlohn herrsche. Der Koalitionsausschuss habe im Gegenteil "grünes Licht" für die Einführung von weiteren Mindestlöhnen gegeben, sagte Heil im Deutschlandradio. "Das ganze Gerede von der Blockade ist vorbei. Olaf Scholz hat den Auftrag der Koalition, die Gesetzentwürfe jetzt entsprechend einzubringen", so Heil. SPD-Vizechefin Andrea Nahles bestätigte das: "Jawohl, das geht jetzt auch mit der Union seinen parlamentarischen Gang."
Verwirrung unter den Teilnehmern der Koalitionsrunde gibt es auch beim Thema Erbschaftsteuer. CSU-Chef Erwin Huber warf SPD-Chef Kurt Beck vor, "nicht gut zugehört" zu haben. Es gebe in insgesamt 16 Punkten noch Dissens. Dabei sei die CSU nur zu einer Einigung bereit, wenn es insgesamt keine höheren Einnahmen durch die Neuregelungen geben werde. Beck hatte dagegen mitgeteilt, die Runde hätte sich auf die Neuregelung der Erbschaftssteuer verständigt. Aus Rücksicht auf die CSU wolle die Große Koalition aber erst nach den Landtagswahlen in Bayern eine konkrete Entscheidung treffen.
Mehr Kindergeld
Als sicher gilt hingegen, dass sich die Große Koalition auf die Erhöhung des Kindergeldes zum 1. Januar 2009 geeinigt hat. Über die Höhe und den Modus der Anhebung soll erst nach Vorstellung des Existenzminimum-Berichts Ende September beraten werden. Aber auch beim Kindergeld sehen Union und SPD unterschiedliche Verhandlungsergebnisse. Während CDU/CSU mit der Kindergelderhöhung auch eine gleichzeitige Anhebung des Kinderfreibetrages erwarten, ließ Beck offen, ob die SPD auch zur Erhöhung der Freibeträge bereit ist.
Fauler Kompromiss bei neuer Kfz-Steuer
Einen "Durchbruch" erzielte die Koalition nach monatelangem Streit bei der Reform der Kfz-Steuer. Die Länder-Steuer soll zum 1. Januar 2010 auf den Bund übertragen werden. Die Länder erhalten als Ausgleich einen Festbetrag von jährlich etwa 8,9 Milliarden Euro. Durch den Kompromiss kann die Kfz-Steuer von 2010 an - ein Jahr später als geplant - vom Hubraum auf den Schadstoffausstoß umgestellt werden. Millionen Besitzer alter Fahrzeuge sollen dabei nicht stärker belastet werden. Dies bedeutet allerdings, dass der Bund auf Steuereinnahmen in Milliardenhöhe verzichten wird.
Außerdem waren sich Union und SPD zur Arbeitslosenversicherung einig, dass es einen Spielraum für eine Absenkung des Beitrages zum Jahreswechsel gibt. Während sich aber CDU und CSU bereits auf eine Senkung um 0,3 Prozentpunkte auf dann 3,0 Prozent festlegen wollten, beharrte die SPD darauf, zunächst bis September auszuloten, wie groß der Spielraum tatsächlich ist.
Opposition enttäuscht
FDP und Grüne zeigten sich wenig beeindruckt von den Ergebnissen des Koalitionsausschusses. FDP-Generalsekretär Dirk Niebel kritisierte die Entscheidungen zu Kindergeld und Arbeitslosenbeiträgen als zu unkonkret. Offenbar sei bei dem Treffen "nichts herausgekommen".
Die Koalitionsspitzen seien vorgegangen "wie beim Wünsch-Dir-Was-Katalog", bemängelte auch Grünen-Fraktionsvize Fritz Kuhn. Er vermisse konkrete Entscheidungen darüber, wie die Regierung ihre Kfz-Steuerpläne finanzieren wolle. Bei der Steuer habe die Bundesregierung zudem vor, mit einem linearen Steuertarif "jedes Gramm CO2 gleich teuer" zu machen. Sozial und ökologisch gerechter wäre es, wenn Fahrzeuge mit einem Kohlendioxidausstoß bis 120 Gramm völlig steuerfrei gestellt und umgekehrt Autos mit besonders hohen Schadstoffabgasen besonders stark belastet würden.
Quelle: ntv.de