Massensport Datenklau Nun auch bei der Telekom
18.08.2008, 13:04 UhrDer Datenklau-Skandal in Deutschland weitet sich immer mehr aus. Einem Fernsehbericht zufolge sind auch Daten von Kunden der Deutschen Telekom von Kriminellen missbraucht worden. Ein Callcenter in Bremerhaven habe sich illegal Zugriff auf Datenbanken der Telekom verschafft, berichteten der NDR und der WDR. Kundendaten von diesen Datenbanken seien offenbar an Dritte weiterverkauft worden. Ein Sprecher der Telekom bestätigte, es habe womöglich Datenmissbrauch durch ein Callcenter gegeben. "Die Deutsche Telekom ist offenbar Opfer hochkrimineller Machenschaften", erklärte der Sprecher.
Bisher habe die Telekom keine Erkenntnisse, dass Kundendaten "für Trickbetrügereien missbraucht worden sind", erklärte der Sprecher weiter. Der Konzern werde aber "alles unternehmen, um die illegale Weitergabe von Kundendaten aufzuklären und strafrechtlich verfolgen zu lassen." Das betroffene Callcenter habe im Auftrag des Konzerns gearbeitet, die Datenbanken dann aber offenbar unrechtmäßig genutzt, sagte der Sprecher. Insgesamt umfassen die Datenbanken demnach 30 Millionen Kunden, das Callcenter habe aber nicht auf alle Daten Zugriff gehabt.
850 Euro für 6 Mio. Kundendaten
Erst kurz vorher hatte im Auftrag der Verbraucherzentralen ein verdeckter Aufkäufer für 850 Euro die Daten von sechs Millionen Kunden kaufen können, sagte der Chef des Bundesverbands Verbraucherzentralen, Gerd Billen. Vier Millionen davon seien auch mit Kontonummern, Adressen und Telefonnummern versehen. Offenbar seien die Daten im Zusammenhang mit staatlichen Klassenlotterien, aber auch Gewinnspielen und Handy-Verträgen gesammelt worden.
Die Bundesregierung müsse im Zuge der Reform der Gesetze zum Datenschutz und zur Telefonwerbung handeln, verlangte Billen gemeinsam mit dem Bund der Kriminalbeamten (BDK) und dem Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar. "Es zeigt, es ist kein großer Akt, an illegale Daten heranzukommen." Man werde die Daten dem Datenschutzbeauftragten zur Verfügung stellen, um etwa strafrechtliche Konsequenzen zu prüfen. "Das Sanktionssystem des Bundesdatenschutzgesetzes ist so löchrig wie ein Schweizer Käse", kritisierte Schaar. Das Bundesdatenschutzgesetz sieht bei Verstößen ein Bußgeld von maximal 250 000 Euro und in schweren Fällen eine Freiheitsstrafe von höchsten zwei Jahren vor.
Reform des Kleingedruckten
Es bestehe dringender Handlungsbedarf, so Billen weiter. "Datendiebstahl und Betrug müssen stärker bekämpft werden. Das ist bis jetzt ein Kavaliersdelikt." Die Bundesregierung müsse handeln: So müssten etwa Kunden ausdrücklich ihre Zustimmung zur Weitergabe von Daten geben, diese dürfe nicht versteckt vorausgesetzt werden. "Wir brauchen eine Reform des Kleingedruckten", verlangte Billen.
Ausgelöst wurde die Daten-Debatte durch den Diebstahl von 17.000 Daten, die offenbar ursprünglich von der "Süddeutschen Klassenlotterie" stammten. Diese Daten aus einem Call-Center waren von einer Firma in Nordrhein-Westfalen weiterverkauft worden. Die Staatsanwaltschaft hat inzwischen Ermittlungen eingeleitet.
Auch Bernd Carstensen, Vize-Vorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, wies auf Gesetzeslücken hin. So sei Handel und Kauf von Daten häufig nicht strafbar, sondern nur deren Missbrauch, wenn etwa Geld von Konten betrügerisch abgebucht werde. Der BDK fordert daher den Einsatz von Datenfahndern ähnlich dem von Steuerfahndern, um den Diebstahl der Daten zu ermitteln.
"Kein Handlungsbedarf"
Die Call-Center-Branche wehrte sich gegen einen Generalverdacht. Die weit überwiegende Zahl der Center halte sich an Recht und Gesetz, erklärte das "Call Center Forum Deutschland" (CCF). Gesetzesverschärfungen wie etwa eine schriftliche Bestätigung von Telefonverträgen sei nicht nötig.
Die Bundesregierung reagierte ablehnend auf Forderungen, den Datenschutz explizit ins Grundgesetz zu schreiben. Eine Sprecherin des Innenministeriums sagte, im Grundgesetz sei der Datenschutz bereits verankert. Handlungsbedarf bestehe daher nicht. Die Grünen hatten sich dafür ausgesprochen, den Datenschutz ins Grundgesetz aufzunehmen und den Handel mit persönlichen Daten zu verbieten. Auch FDP und Linkspartei hatten einen höheren Rang für den Datenschutz und die schärfere Ahndung von Verstößen gefordert.
Quelle: ntv.de