Mehr Fachkräfte für Deutschland Nur Eliten sind willkommen
16.07.2008, 15:01 UhrDie Bundesregierung will ausländischen Fachkräften den Zugang zum Arbeitsmarkt stärker erleichtern. Das Kabinett beschloss ein entsprechendes Aktionsprogramm von Innenminister Wolfgang Schäuble und Arbeitsminister Olaf Scholz. Die Abschottung gegen Billiglohn-Arbeiter aus den ost- und mitteleuropäischen EU-Beitrittsländern wird dabei dagegen bis 2011 verlängert. Details müssen durch spätere Gesetzentwürfe festgelegt werden. Aus der Union meldete sich bereits Widerstand gegen die ausländerrechtlichen Regelungen. Kritik kam auch von FDP und Grünen. Die Wirtschaft nannte die Lockerung unzureichend.
In der Lockerung der Zuwanderungsregeln sieht die Regierung eine Antwort auf den drohenden Fachkräftemangel, vor dem die Wirtschaft seit langem warnt. "Heute wird ein wichtiger Schritt gemacht, um Deutschland international wettbewerbsfähiger zu machen", sagte SPD-Minister Scholz. Die Regierung will künftig per monatlicher Umfrage bei den Firmen den Fachkräftebedarf klären.
Akademiker willkommen
Akademiker aus den neuen EU-Staaten können durch die neue Regelung ab 2009 leichter nach Deutschland kommen. Für sie entfällt die Vorrangprüfung, ob sie deutsche Arbeitsuchende verdrängen. Auch für Akademiker aus Drittstaaten wird der Arbeitsmarkt geöffnet, für sie bleibt es aber bei der Vorrangprüfung. Schäuble sagte, damit begegne man der Sorge, dass ihr Zugang auf Kosten arbeitsloser deutscher Ingenieure ginge. Auch wird die Mindestverdienstgrenze für hoch qualifizierte Fachkräfte von 86.400 auf 63.600 Euro gesenkt. Zuwanderer mit diesem Einkommen bekommen von Anfang an ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht.
Für in Deutschland lebende, aber nur geduldete Ausländer soll eine neue "Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Beschäftigung" eingeführt werden. Diesen "sicheren Aufenthaltsstatus" sollen Hochschulabsolventen und Fachkräfte bekommen, die zwei Jahre lang durchgängig beschäftigt waren. Dies gilt auch für "Geduldete, die gut integriert sind", und hier eine Berufsausbildung oder ein Studium absolviert haben.
Kritik aus CDU und Opposition
Niedersachsens CDU-Innenminister Uwe Schünemann kritisierte die Erleichterung für Geduldete. Der CDU-Politiker nannte es in der "Osnabrücker Zeitung" "erstaunlich, dass Herr Schäuble auch in dieser Frage von der bewährten Unionspolitik abweicht". Es entstehe ein Anreiz, illegal nach Deutschland zu kommen.
Umgekehrt nannten FDP und Grüne die Lockerung der Regeln nicht ausreichend. "Deutschland muss die Mauern um seinen Arbeitsmarkt einreißen", forderte FDP-Generalsekretär Dirk Niebel. Auch die Arbeitsmarkt-Expertin der Grünen, Brigitte Pothmer, erklärte: "Die Bundesregierung läuft im internationalen Wettbewerb um Fachkräfte weiter hinterher."
Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt sprach zwar von einem Schritt in die richtige Richtung. Doch sei die Senkung der Verdienstgrenze nicht ausreichend. Ähnlich äußerte sich der Hightech-Verband Bitkom, dessen Branche seit langem über einen Mangel Hochqualifizierter klagt.
Abschottung gegen Osteuropa bleibt
Die bislang Ende April 2009 auslaufende Abschottung des Arbeitsmarktes gegen Billig-Arbeiter aus den neuen EU-Ländern wird um zwei weitere Jahre bis 2011 verlängert. Dies gilt für die zum 1. Mai 2004 beigetretenen Staaten wie Polen, außer Zypern und Malta, sowie für Rumänien und Bulgarien, die 2007 beitraten. Deutschland ist mit diesem Kurs weitgehend allein. Scholz betonte, es gebe keinen Bedarf an Zuwanderung in nicht-akademischen Lehrberufen; ein Fachkräftemangel in diesem Bereich könne durch verstärkte Ausbildung verhindert werde.
Quelle: ntv.de