Anton Hofreiter im ntv Frühstart "Ob Scholz noch der Richtige ist, muss die SPD entscheiden"
10.06.2024, 10:42 Uhr Artikel anhören
Die Grünen haben bei der Europawahl eine schwere Klatsche bekommen. Anton Hofreiter macht dafür auch die Ampel-Koalition verantwortlich - und vor allem Bundeskanzler Scholz.
Der Grünen-Politiker Anton Hofreiter übt nach dem Absturz der Ampel-Koalition bei der Europawahl erneut Kritik an Bundeskanzler Olaf Scholz. Ob Scholz noch der Richtige sei, müsse die SPD entscheiden, sagte Hofreiter in der ntv-Sendung Frühstart. Er habe die Erwartung, dass der Kanzler die Koalition endlich in ruhigere Fahrwasser führe - sicher sei er sich allerdings nicht, so Hofreiter. "Der Kanzler muss einfach klarer führen." Scholz spreche gerne über Besonnenheit. "Aber Besonnenheit ist, vielleicht mal über eine Entscheidung zwei Wochen nachzudenken - was auch schon eine lange Zeit ist - und nicht ein halbes Jahr."
Hofreiter forderte für die anstehenden Haushaltsverhandlungen Zurückhaltung von den Koalitionären. Allerdings zeigte er sich über den Zustand der Ampel ernüchtert. "Wenn schon das Kabinett zerstritten ist, dann hat eine Regierung einfach ein Problem." Der Grünen-Politiker sprach sich dennoch gegen Neuwahlen aus. Damit würden nur Populisten wie die der AfD profitieren.
Der Vorsitzende des Europa-Ausschusses im Bundestag nannte drei Hauptgründe für das schlechte Abschneiden seiner Partei bei der Europawahl: Neben eigenen Fehlern wie etwa beim Heizungsgesetz gebe es ständig Streit in der Ampel-Koalition, zu dem auch die Grünen beigetragen hätten. Darüber hinaus seien die Menschen wegen der vielen Krisen verunsichert und es sei der Partei nicht gelungen, sie zu überzeugen, dass Veränderungen für Stabilität sorgten.
An Lang und Nouripour habe es nicht gelegen
Hofreiter erwartet trotz des Wahldebakels eine Steigerung der Grünen bei der kommenden Bundestagswahl. "Es wäre wichtig, zu schauen, dass man weniger Fehler macht - und am Ende bei der Bundestagswahl muss das Ziel sein, ein besseres Ergebnis zu erzielen als 2021."
Hofreiter sprach sich trotz des miserablen Abschneidens der Grünen bei den Europawahlen gegen personelle Konsequenzen an der Parteispitze aus. Gefragt nach den beiden Vorsitzenden, Ricarda Lang und Omid Nouripour, sagte Hofreiter: "Ich glaube, die beiden sind ganz klar die richtigen. Es ging auch nicht um die beiden." Stattdessen müsse die Ampel-Koalition anders auftreten. "Ich glaube nicht, dass die Parteivorsitzenden das zentrale Problem sind. Es ist entscheidend, dass die Regierung besser performt."
Die Grünen haben bei der Europawahl nur 11,9 Prozent der Stimmen eingefahren und - nach dem Rekordergebnis bei der Wahl 2019 - die Zahl ihrer Europaabgeordneten von 21 auf 12 beinahe halbiert. Mit 8,6 Prozentpunkten weniger kassierten die Grünen zudem den größten Stimmenverlust aller Parteien. Im Vergleich zum Bundestagswahlergebnis 2021 büßten die drei Regierungsparteien SPD, Grüne und FDP zusammengenommen rund 20 Prozentpunkte ein. Die Union forderte Scholz noch am Sonntagabend auf, die Vertrauensfrage zu stellen und so den Weg für Neuwahlen freizumachen. Regulär wird der Bundestag erst im September 2025 neu gewählt.
Quelle: ntv.de, psc