Politik

Europa, hör die Signale Obama in Berlin

Der mit Spannung erwartete Berlin-Besuch von Barack Obama an diesem Donnerstag soll Klarheit über die außenpolitischen Ziele des US-Präsidentschaftsbewerbers schaffen. Kanzlerin Angela Merkel sagte, sie freue sich, den Senator aus Illinois und designierten Kandidaten der US-Demokraten persönlich kennenzulernen. Zugleich verteidigte sie ihre Einwände gegen eine zunächst erwogene Rede Obamas vor dem Brandenburger Tor. Der 46-Jährige spricht nun am Abend an der Siegessäule. Wieviele Menschen zu der Veranstaltung im Herzen Berlins kommen, ist ungewiss - die Schätzungen reichen von 10.000 bis zu einer Million.

Obama wird am Vormittag zu einem Besuch erwartet, der von erheblichen Sicherheitsvorkehrungen und internationalem Medienandrang geprägt sein wird. Der Auftritt in Berlin ist Teil einer internationalen Wahlkampfreise, die den Senator bislang nach Afghanistan, in den Irak und in den Nahen Osten geführt hat. Weitere Stationen sind Frankreich und Großbritannien. Bei seinem kurzen Nahost-Besuch sicherte Obama Israelis und Palästinensern seine Partnerschaft im Friedensprozess zu. Zugleich betonte er wiederholt seine "bleibende Verpflichtung gegenüber der Sicherheit Israels".

Zwischenfall in Sicherheitszone

Rund 700 Polizisten sind in Berlin für die Sicherheit Obamas im Einsatz. In einem Radius von rund 250 Metern um die 69 Meter hohe Siegessäule wurden mannshohe Zäune aufgebaut. Für kurzfristige Aufregung sorgte ein 40-jähriger Autofahrer, der laut Polizei mit seinem Wagen die Absperrgitter durchbrach und rote Farbe versprühte. Die Sicherheitsleute versuchten das Fahrzeug mit Eisenstangen zu stoppen, während der Mann den anwesenden Fotografen Kusshändchen zuwarf. Er wurde anschließend festgenommen. Nach anfänglichem Verdacht auf Sprengstoff gab die Polizei am frühen Abend Entwarnung.

Obama wird am Donnerstag voraussichtlich gegen 19.00 Uhr - dann ist an Amerikas Ostküste Mittagszeit - eine etwa 45-minütige Rede halten, in der er auch die Beziehungen zwischen den USA und Europa thematisieren will. Er trifft vorher neben Merkel noch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier und Berlins Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (beide SPD). Bei dem Treffen im Kanzleramt will Merkel nicht nur die transatlantischen Beziehungen ansprechen, sondern auch die gemeinsamen Aktivitäten in der NATO, den Klimaschutz und den Stand der laufenden Welthandelsrunde. Erfahrungsgemäß gebe es in der US-Außenpolitik große Kontinuität, sagte die Kanzlerin.

Streit um Ort der Rede

Mit Blick auf Afghanistan sagte Merkel, Deutschland entziehe sich keineswegs einem verstärkten Engagement. Sie könne Obama die gute Botschaft mitteilen, dass Deutschland das Mandat für die ISAF-Truppen um 1000 auf dann 4500 Soldaten aufstocken wolle. Zugleich werde sie ihm aber auch die Begrenzungen deutlich machen. Mit Blick auf ihre Einwände gegen eine Rede Obamas am symbolträchtigen Brandenburger Tor sagte Merkel, sie habe lediglich ihre Meinung zum Ausdruck gebracht. "Das muss in einem freien Land möglich sein."

Steinmeier kritisierte den Streit über den Auftrittsort als "kleinlich". Obama halte "die einzige öffentliche Rede seiner einwöchigen Auslandsreise" in Berlin, sagte er der Wochenzeitung "Die Zeit". "Und wir haben nichts Besseres zu tun, als eine Debatte darüber loszutreten, ob er am Brandenburger Tor oder 150 Meter vom Tor entfernt reden darf." Der Minister sagte weiter, mit seinem Besuch gebe Obama den Europäern das Signal: "Ich interessiere mich für Euch." Angesichts der Neuorientierung amerikanischer Interessen nach Asien sei dies nicht selbstverständlich.

Au ßenpolitische Kompetenz deutlich machen

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Ruprecht Polenz (CDU), erwartet von Obama eine Rede mit Substanz. Er werde nicht zu allgemein bleiben können, sagte er. In den USA wird nach den Worten von Polenz von Obama erwartet, dass er in dieser Rede seine außenpolitische Kompetenz deutlich macht. Alt-Bundespräsident Richard von Weizsäcker sieht in dem Auftritt ein gutes Zeichen: "Wir haben lange geglaubt, in Amerika würde sich niemand mehr für unseren Kontinent interessieren. Der Auftritt und die Rede von Barack Obama sind der Beweis, dass dieses Vorurteil falsch ist", sagte er der "Bild"-Zeitung.

Quelle: ntv.de

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