Politik

Stimmen durch Attraktivität? Obama ist Sexsymbol

Mit Barack Obamas Politik ist Karen Gibbs zufrieden, auch seine Lebensgeschichte gefällt ihr gut, doch eigentlich ist es etwas ganz anderes, das sie wirklich an dem Kandidaten fasziniert: "Obama ist einfach sexy", sagt die 23-Jährige, die in der Fußgängerzone von Denver kleine Obama-Actionfiguren an Parteitagsgäste und andere verkauft. "Er bietet einen prächtigen Anblick, er ist ein schöner Mann." Karens Freundin Kate Obertaler pflichtet ihr bei. "Er ist attraktiver als normale Politiker." Obamas sportliches Äußeres hat ihn zum Sexsymbol der US-Politik werden lassen. Die Frage ist: Schadet ihm das, oder bringt es Wählerstimmen?

Selbst Medien-Profis hat Obama schon den Kopf verdreht. TV-Starmoderatorin Barbara Walters hauchte kürzlich bei einem Interview: "Ich sollte das vielleicht nicht sagen, aber Sie sehen sehr sexy aus." Die Kolumnistin Jewel Woods vom afroamerikanischen Internetmagazin TheRoots.com lobt: "Obama hat etwas geschafft, was John Kerry und Al Gore nicht gelungen ist: Er demonstriert, dass Anzugträger sexy sein können." Ein Fanartikelhersteller bietet in Denver, wo Obama am 28. August zum Spitzenkandidaten gekürt werden soll, eine eigene Produktlinie mit dem Titel "Sexy Obama" an - darunter knappe Oberteile mit Porträt und der Schmacht-Zeile "You sexy Man".

Muskeln und kein Fett

Obamas Arzt David Scheiner aus Chicago bestätigt, was Fans wie Karen Gibbs ohnehin vermuten: Der Kandidat habe "einen schlanken und muskulösen Körperbau ohne überschüssige Fettablagerungen", diagnostizierte Scheiner in einem öffentlichen Gutachten über Obamas Gesundheit. Auffällig ist Obamas Äußeres gerade im Vergleich zu seinem republikanischen Konkurrenten John McCain. Die Kriegsgefangenschaft in Vietnam und schwere Krankheiten haben ihre Spuren bei dem 72-Jährigen hinterlassen. McCain spottet über sich selbst: "Ich bin älter als Dreck und habe mehr Narben als Frankenstein."

Wissenschaftler haben ermittelt, dass das Aussehen tatsächlich einer von vielen Faktoren für die Wahlentscheidung der Bürger ist. So kam etwa eine Studie der US-Universität Texas Tech über das Wahlverhalten bei Kommunalwahlen zu dem Befund, dass die Wahrscheinlichkeit eines Siegs bei jenen Kandidaten besonders hoch ist, die von den Wählern als attraktiv angesehen werden. Gestützt wird dies durch die verblüffende Tatsache, dass seit hundert Jahren kein übergewichtiger US-Politiker mehr den Sprung ins Weiße Haus geschafft hat. Der letzte Wahlsieger aus der oberen Gewichtsklasse war 1908 der Drei-Zentner-Republikaner William Taft.

Makellosigkeit ein Nachteil?

Steht das US-Wahlduell des Jahres 2008 also unter dem Motto: Der Schöne und das Biest? Skeptische Beobachter warnen vor voreiligen Schlüssen. Die Journalistin Amy Chozick warf in einem Artikel im "Wall Street Journal" die Frage auf, ob Obamas makellose Figur nicht vielleicht sogar ein Nachteil sei in einem Land, in dem 66 Prozent der Wahlberechtigten übergewichtig sind. "Sein schlankes Äußeres könnte manchen Wähler zweifeln lassen, ob Obama wirklich einer von ihnen ist", mutmaßt Chozick.

Dem Kandidaten droht zudem die Eitelkeits-Falle: Als kürzlich bekannt wurde, dass Obama an einem Tag drei Mal ins Fitnessstudio ging, diskutierten US-Medien spöttisch, ob er Präsident werden will oder doch lieber Mister Universum. McCains Sprecher Rick Davis höhnte: "Nur ein Star geht drei Mal am Tag ins Fitnessstudio." Und in einem der zahlreichen Internetforen für US-Politik schrieb eine Wählerin kategorisch: "Ich stimme doch nicht für eine Bohnenstange." Obama selbst stellte bereits öffentlich klar: "Ich bin vielleicht dünn, aber ich bin auch zäh."

Peter Wütherich, AFP

Quelle: ntv.de

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