Militär-Tribunale bleiben Obama legt Pläne vor
15.05.2009, 20:42 UhrUS-Präsident Barack Obama hält an den weltweit kritisierten Militärtribunalen gegen Terrorverdächtige aus dem Gefangenenlager Guantnamo auf Kuba fest. Allerdings sollen die Angeklagten durch eine Reform der Tribunale mehr Rechte erhalten, kündigte Obama in einer schriftlichen Erklärung an. Nach seiner Amtsübernahme im Januar hatte Obama die Sondergerichte zunächst bis zum 20. Mai aussetzen lassen sowie einen Stopp ins Auge gefasst. Die Tribunale waren von Ex-Präsident George W. Bush als Reaktion auf Terroranschläge vom 11. September eingesetzt worden. Menschenrechtsgruppen hatten bereits im Vorfeld der Ankündigung Obamas scharfen Widerstand angekündigt.
Bei künftigen Prozessen sollen keine Aussagen mehr zugelassen werden, die unter Folter oder nach demütigenden Maßnahmen gemacht wurden, ordnete Obama an. Auch sollten Beweise, die auf Hörensagen beruhen, nur noch unter verschärften Bedingungen verwendet werden dürfen. Zudem erhielten die Angeklagten mehr Freiheit bei der Auswahl ihrer Anwälte.
Legitime Form der Strafverfolgung
"Diese Reformen werden ein Anfang ein, um die Militärkommissionen wieder als eine legitime Form der Strafverfolgung zu etablieren", meinte Obama in der Erklärung. Die Regierung werde mit dem Kongress in dieser Frage zusammenarbeiten. "Militärkommissionen haben eine lange Tradition in den USA."
Unklar blieb zunächst, wann die Tribunale wieder mit ihrer Arbeit beginnen werden und wie lange sie in Kraft bleiben. Bisher gab es lediglich eine Handvoll Prozesse in Guatnamo, wo nach wie vor rund 240 Terrorverdächtige zumeist seit vielen Jahren ohne Anklage einsitzen. Unter anderem standen der mutmaßliche Drahtzieher der Terroranschläge vom 11. September 2001 Chalid Scheich Mohammed und vier Mitverschwörer vor dem Gericht.
Menschenrechtler kündigen Widerstand an
Menschenrechtsgruppen hatten sich schon nach ersten Spekulationen über eine mögliche Wiedereinsetzung der Tribunale enttäuscht geäußert und Widerstand angekündigt. Im Wahlkampf hatte Obama das System der Militärtribunale seines Amtsvorgängers als "enormen Fehlschlag" kritisiert. Nach Ansicht des Vorsitzenden der größten US- Bürgerrechtsgruppe ACLU, Anthony Romero, beruhen die Tribunale auf verfassungswidrigen Grundlagen und zielen darauf ab, "Schuldsprüche sicherzustellen, keine fairen Prozesse".
Freilassung aus Guantnamo
Zugleich wurde der Algerier Lakhdar Boumediene aus Guantnamo nach Frankreich entlassen, berichtete die "Washington Post" unter Berufung auf Diplomaten und Regierungskreise. Boumediene war bekannt geworden, weil seine Anwälte in seinem Namen vor das Oberste Gericht gegangen waren und dort das Recht zugesprochen bekamen, dass auch Gefangene in Guantnamo sich an US-Bundesgerichte wenden könnten.
Später hatte ein Bundesrichter in Washington für Boumediene und vier weitere in Bosnien gefangene, mutmaßliche Terroristen die Freilassung angeordnet. Der 43 Jahre alte Algerier durfte nach Frankreich reisen, wo er Verwandte hat. Die Regierung in Paris habe dem zugestimmt, obwohl er kein französischer Staatsbürger ist, berichtete die Zeitung.
Der Algerier und fünf weitere Männer waren 2001 in Bosnien unter dem Verdacht festgenommen worden, einen Anschlag auf die US-Botschaft in Sarajevo geplant zu haben. Allerdings ordnete der US-Bundesrichter im November 2008 die Freilassung von fünf der sechs Verdächtigen an, weil die Anschuldigungen wenig glaubwürdig gewesen seien. Drei der Männer bosnischer Herkunft waren schon im Dezember in ihre Heimat gebracht worden. Das Schicksal von Sabir Lahmar (39) war noch ungewiss.
Quelle: ntv.de, dpa / AFP / Reuters