Politik

Clinton versöhnlich Obama muss Präsident werden

Es war vielleicht die wichtigste Rede auf dem Parteitag der US-Demokraten. Ganz Amerika schaute am Abend des 26. August (Ortszeit) auf Hillary Clinton, als sie in Denver ans Podium trat. Die Regie war perfekt. Die Delegierten, die gekommen sind, um Barack Obama zum Präsidentschaftskandidaten zu küren, halten weiße "Hillary"-Plakate in die Höhe. Nach qualvollen Vorwahlen, nach der bitteren Niederlage der Ex-First Lady soll dies die Stunde der Versöhnung werden.

Immer wieder hatte es in den vergangenen Wochen Berichte gegeben, dass Hillary Clinton den Groll der Niederlage nicht wirklich überwunden habe, dass sie und Ehemann Bill an Obamas Siegeschancen zweifeln, nicht wirklich hinter ihm stünden. Keine Minute lässt die Senatorin aus New York an diesem Abend verstreichen, um solche Verdächtigungen auszuräumen. "Ich bin eine stolze Demokratin, eine stolze Amerikanerin und eine stolze Unterstützerin von Barack Obama", beginnt sie ihre Rede. Der Beifall ist grenzenlos. Es ist, als falle den Delegierten ein Stein vom Herzen.

Clinton lässt keinen Zweifel aufkommen

Tatsächlich drohten die inneren Spannungen den Parteitag zeitweise zu überschatten. Eingefleischte Clinton-Anhänger kämpften hinter den Kulissen um die Wahlprozedur, mit der Obama am 27. August zum Kandidaten erhoben werden soll. 18 Millionen Stimmen hatte Clinton in ihrem aufreibenden Vorwahlkampf für sich gesammelt, immer wieder hatte sie im Vorfeld des Parteitages gemahnt, in Denver müssten "diese Stimmen gehört werden". Eine "Katharsis" müsse in Denver geschehen - manchem Parteitags-Strategen schwante Übles.

Doch Clinton, die einst erbitterte Obama-Gegnerin, die dem schwarzen Senator noch vor Wochen schwer zugesetzt hatte, lässt an diesem Abend keinen Zweifel aufkommen. "Barack Obama ist mein Kandidat. Und er muss unser Präsident werden." Klarer kann man es nicht sagen.

Kein Zweifel: Es ist eine schwierige Rede, ein delikater Balanceakt, den Clinton zu bewältigen hat. Ein rhetorisches Kunststück: Einerseits will sie ihren Anhängern "Gehör verschaffen", anderseits muss sie ihr Lager auf Unterstützung für Obama einschwören. Immer wieder spricht sie deshalb auch von sich selbst, von ihren politischen Zielen, immer wieder geht es um ihr politisches "Markenzeichen" einer Krankenversicherung für alle, ihren Kampf um Frauenrechte. Sie spricht von der Wirtschaftskrise in den USA, von Armut und Irakkrieg. "Das sind die Gründe, warum ich um die Präsidentschaft gekämpft habe. Und das sind die Gründe, warum ich Barack unterstütze." Soll heißen: Obama kämpft für "Hillary-Politik".

Ein Viertel der Demokraten wollen McCain wählen


Tatsächlich ist Hillary Clinton tief gefallen in diesen vergangenen Monaten. Schwer verbittert soll sie anfangs gewesen sein. Der Wiedereinzug ins Weiße Haus schien bereits greifbar nahe, die Partei und die demokratischen Wähler im Lande schienen eingeschworen auf sie. Dann platzte der Traum von der ersten Präsidentin der US- Geschichte. Selbst der kurze Traum von der Vize-Präsidentschaft ist mittlerweile ausgeträumt. Tief ist der Groll unter Millionen "Hillary-Fans".

Niemand anders in der Partei ist so mächtig wie Clinton. Laut Umfragen drohen ein Viertel ihrer Anhänger, am 4. November aus Frust und Verärgerung zum Republikaner John McCain überzulaufen. Wenn die Ex-First Lady diese zumeist weiblichen Anhänger nicht überzeugen kann - es würde Obamas Niederlage bedeuten. Es sind diese möglichen Überläufer, die Hillary Clinton an diesem Abend direkt ins Auge fasst. "Ich möchte, dass ihr euch selbst fragt: Habt ihr euch nur meinetwegen im Wahlkampf engagiert?" Am Ende preist Clinton sogar den designierten Vizepräsidentschaftskandidaten Joe Biden - die Delegierten sind außer sich.

Auch die Regie ist perfekt. Im Laufe der Rede verschwinden immer mehr die weißen "Hillary"-Plakate - und werden immer mehr durch blaue "Obama"-Plakate ersetzt. Ob die Partei nun einig und geschlossen ist, werden die nächsten Tage in Denver zeigen. Doch eines ist klar: Clinton hat ihren Teil dazu beigetragen - jetzt ist Obama gefragt. Mary Boergers, Senatorin aus dem Bundesstaat Maryland und beinharte Clinton-Anhängerin, meinte: "Es ist nicht Clintons Aufgabe, mich zu überzeugen, Obama zu wählen. Das muss Obama schon selbst tun."

Peer Meinert, dpa

Quelle: ntv.de

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