Israels Ex-Regierungschef verurteilt Olmert feiert Urteil als Sieg
10.07.2012, 13:55 Uhr
Die Absetzung Olmerts hatte weitreichende Folgen für den Friedensprozess in Nahost.
(Foto: REUTERS)
Der Korruptionsprozess gegen Olmert dauert zwei Jahre, 120 Zeugen sagen aus. Jetzt verurteilt ein Gericht den Ex-Regierungschef Israels lediglich wegen "Fehlern in prozeduralen Fragen", spricht ihn aber von Korruptionsvorwürfen frei - unter anderem vom Vorwurf der Bestechlichkeit. Deshalb war er 2008 aus dem Amt gejagt worden. Seitdem ruht der Friedensprozess.
Zum Abschluss eines Korruptionsprozesses hat ein Bezirksgericht in Jerusalem den früheren israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert in einem minderschweren Fall schuldig gesprochen. Er sei in "prozeduralen Fragen fehlerhaft vorgegangen", deshalb müsse man von Untreue sprechen. Damit ist zum ersten Mal in der Geschichte Israels ein ehemaliger Regierungschef verurteilt worden. In zwei weiteren Anklagepunkten wurde der 66-Jährige jedoch von Korruptionsvorwürfen freigesprochen. Die Verhandlungen über das Strafmaß sollen im September beginnen.
Das israelische Gesetz sieht bei bei einer Verurteilung wegen Untreue eine maximale Strafe von drei Jahren Haft vor. Es ist aber unklar, ob Olmert überhaupt mit einer Haftstrafe rechnen muss.
Der Ex-Regierungschef musste im Zuge der Korruptionsaffäre im September 2008 zurücktreten, blieb allerdings noch für ein halbes Jahr an der Spitze einer Übergangsregierung. Außerdem gab er sein Amt als Vorsitzender der Regierungspartei Kadima auf. Das Ausscheiden Olmerts versetzte dem Friedensprozess mit den Palästinensern einen schweren Rückschlag.
Israelische Kommentatoren sprachen von einem "juristischen Erdbeben" und einem schweren Schlag für die Staatsanwaltschaft, weil Olmert nur in einem Punkt verurteilt werden konnte. Auch von anderer Seite gab es Kritik. Der Abgeordnete Joel Chasson von der Kadima-Partei warf der Staatsanwaltschaft vor, im Fall Olmert "unprofessionell und überhastet" gehandelt zu haben. Damit habe sie Israel grundlos ins Chaos gestürzt. Staatsanwalt Mosche Lador wies dies zurück und verteidigte die Entscheidung zur Anklage. "Diese Anklageschrift musste eingereicht werden, sonst hätten wir gegen unsere Aufgabe verstoßen", sagte Lador in Jerusalem. Er betonte, der Schuldspruch wegen Untreue sei sehr schwerwiegend.
Olmert schanzte Vertrautem Aufträge zu

Die Strafe für Ehud Olmert steht noch nicht fest. Ins Gefängnis wird er wohl nicht kommen.
(Foto: dpa)
Die drei Richter sahen es als erwiesen an, dass der 66-Jährige während seiner Amtszeit als Handelsminister (2003 bis 2005) seinem Vertrauten Uri Messer illegal Aufträge verschafft hatte. Olmert habe sich in dem Fall "nicht korrekt verhalten", heißt es in der Urteilsschrift. "Die freundschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden waren sehr stark und schufen eine tiefe gegenseitige Verbindlichkeit." Olmert habe sich daher in einem Interessenkonflikt befunden.
In einem zweiten Anklagepunkt folgte das Gericht der Verteidigung, wonach Olmert von der doppelten Abrechnung von Reisespesen nichts gewusst habe. In diesem Fall wurde seine ehemalige Kanzleichefin Schula Zaken verurteilt. Auch in dem Anklagepunkt, er habe illegal 600.000 Dollar von einem US-Geschäftsmann angenommen, wurde Olmert freigesprochen. Letztes war der Grund, weshalb Olmert 2008 seine politischen Posten hatte aufgeben müssen.
Rückschlag für den Friedensprozess
Olmert äußerte sich nach dem Urteilsspruch des Bezirksgerichts erleichtert. Zu der Verurteilung wegen Untreue sagte der ehemalige Ministerpräsident: "Ich respektiere die Entscheidung des Gerichts." Die Richter hätten "entschieden, dass ich gegen Prozeduren verstoßen habe", sagte Olmert. "Ich werde die notwendigen Lektionen lernen." Zu dem Freispruch in zwei Anklagepunkten sagte Olmert: "Es gab keine Korruption, es gab keine Geldumschläge."
Der ehemalige Regierungschef sagte gleichzeitig, man dürfe nicht die weitreichenden Folgen der Entscheidung ignorieren, ihn vor Gericht zu stellen. Unter dem Druck der Vorwürfe musste Olmert im Herbst 2008 sein Amt niederlegen. Seitdem liegt der Friedensprozess mit den Palästinensern brach. Olmert hatte sich in seinem letzten Jahr im Amt intensiv um eine Friedensregelung bemüht.
Olmert hatte schon Grundzüge einer Friedensregelung mit den Palästinensern unter Dach und Fach, als der Korruptionsfall ihn im Herbst 2008 zum Rücktritt zwang. Die Palästinenserführung sah danach bis zu Neuwahlen keinen Sinn in weiteren Verhandlungen. 2009 kam dann die rechtsorientierte und siedlerfreundliche Regierung von Benjamin Netanjahu an die Macht. Seitdem liegt der Friedensprozess brach.
Olmerts juristischer Kampf geht jedoch noch weiter: Vor dem Bezirksgericht in Tel Aviv läuft noch ein weiterer Korruptionsprozess in der Affäre um das sogenannte Holyland-Bauprojekt in Jerusalem.
Quelle: ntv.de, ppo/dpa