EU "exekutiert Soros-Plan" Orban verbreitet vor Scholz-Treffen Verschwörungsmythen
21.06.2024, 12:29 Uhr Artikel anhören
Ungarns Regierungschef Orban bezeichnet EVP-Fraktionschef Weber als "Beelzebub" in Diensten einer "kriegstreiberischen, wirtschaftsfeindlichen und migrationsfreundlichen Koalition".
(Foto: IMAGO/Eibner)
Ungarns Ministerpräsident Orban trifft heute Kanzler Scholz. Ein Interview zeigt vorab, wie groß der Abstand zwischen den beiden ist. Der Ungar bedient sich antisemitischer Klischees und philosophiert über ein durch Migranten verändertes Deutschland, das nicht mehr wie früher rieche.
Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban hat die sich abzeichnende neue Führung der Europäischen Union unter einer erneuten Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen als Produkt einer "Koalition für Krieg und Migration" bezeichnet. Die "zunehmend nach links abdriftenden" Konservativen, die Sozialdemokraten und die Liberalen, die zusammen auch im neuen Europaparlament eine Mehrheit haben, hätten sich diesbezüglich bereits geeinigt, sagte der Rechtspopulist im Interview mit dem staatlichen ungarischen Radio.
Zwar hatte es am Montag bei einem informellen Treffen der Staats- und Regierungschefs der EU in Brüssel noch keine Einigung über die Besetzung der EU-Spitzenjobs nach den Europawahlen vom 9. Juni gegeben. Doch handle es sich um ein "bereits abgepfiffenes Match", sagte Orban. "In der EU entstand eine kriegstreiberische, wirtschaftsfeindliche und migrationsfreundliche Koalition", führte er weiter aus.
Der Deutsche Manfred Weber habe als Fraktionschef der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP), der stimmenstärksten Kraft im Europaparlament, beim Schmieden dieser Koalition "die Rolle des Beelezebubs"- eines Dämons oder Teufels - gespielt. Weber sei "ein alter Feind und Übeltäter Ungarns", von der Leyen ihm gegenüber "lediglich eine kleine Ministrantin".
Orban: Weber und von der Leyen betreiben "Bevölkerungsaustausch"
Die Koalition der "Weberianer" würde den sogenannten "Soros-Plan" exekutieren, so Orban weiter. Demnach soll der ungarischstämmige US-Milliardär und Philanthrop George Soros versuchen, Europa mit Migranten zu überschwemmen, um die europäischen Nationen ihrer christlichen und nationalen Identität zu berauben. "In Europa vollzieht sich ein Bevölkerungsaustausch, der weiße, christliche, traditionsbewusste - sagen wir europäische - Mensch wird weniger, die Zahl der importierten Migranten steigt", fuhr Orban fort.
Die Unterstellung eines - nicht belegbaren - "Soros-Plans" und die Klage über einen angeblichen "Bevölkerungsaustausch" sind Teile von Verschwörungserzählungen, wie sie Rechtsextremisten propagieren. Das Rundfunk-Interview mit Orban wurde in Berlin aufgezeichnet. An diesem Freitag will ihn Bundeskanzler Olaf Scholz zu einem Gespräch empfangen. Ungarn übernimmt am 1. Juli die EU-Ratspräsidentschaft.
Orban äußerte sich auch über Gastgeber Deutschland. Das Land sehe heute nicht mehr so aus wie vor zehn Jahren, sagte er. "Es schmeckt nicht mehr wie früher, es riecht nicht mehr wie früher, dieses ganze Deutschland ist nicht mehr das Deutschland, das unsere Großeltern und Eltern uns als Beispiel genannt haben."
Frühere Generationen hätten zu ihren Kindern gesagt: "Sohn, wenn du fleißige Leute sehen willst, dann geh' nach Deutschland, wenn du gut organisierte Arbeit in Deutschland sehen willst, wenn du Ordnung sehen willst, dann geh' dorthin, wo es Ordnung gibt", sagte Orban weiter. Nun sei Deutschland hingegen "eine bunte, veränderte multikulturelle Welt", in der Migranten "nicht länger Gäste" seien. "Das ist eine sehr große Veränderung", sagte Orban.
Quelle: ntv.de, jog/dpa/AFP