Renten-Hitparade Pflicht in der Diskussion
16.11.2002, 11:38 UhrIn der Rangliste der Vorschläge zur Reform des Rentensystems ist die Einführung einer Pflichtversicherung erneut ganz nach vorne gerückt. "Wir haben mit der Riester-Rente den Einstieg in die private Zusatzrente geschafft. Jetzt müssen wir gucken, wie sich das entwickelt", sagte Bundessozialministerin Ulla Schmidt (SPD) dem "Focus".
Sollte sich herausstellen, dass die Förderung von zu wenig Menschen in Anspruch genommen wird, "muss man stärkere Anreize setzen oder darüber nachdenken, ob die kapital-gestützte Säule verpflichtend werden muss". Über einen solchen Schritt werde später zu entscheiden sein, sagte Schmidt.
Nach "Focus"-Informationen erwägt Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) eine Reform der Riester-Rente, um Überregulierungen abzubauen. So sollen die Auszahlungsbedingungen vereinfacht werden - etwa bei einer Vererbung oder bei einem Bezug der Rente im Ausland. Auch der Name "Riester-Rente" soll verschwinden.
Die CDU bezeichnete die Pflichtversicherung als einen "verhängnisvollen Irrweg". Sie sei zudem verfassungswidrig, sagte der CDU-Justizexperte Rupert Scholz der "Welt am Sonntag". Der Rentenexperte Bert Rürup kritisierte sie als verfrüht. Rürup, der Vorsitzende der Sozialreform-Kommission der Bundesregierung ist, sagte der "Bild am Sonntag", die Deutschen würden sicher lernen, in Zukunft für einen Teil ihrer Rente eigenverantwortlich zu sorgen.
Sozialversicherung auf dem Prüfstand
Unterdessen hat auch der künftige Chef der Regierungskommission für Gesundheit und Rente, Bert Rürup, einen grundlegenden Umbau des Sozialversicherungssystems gefordert. Ein Beitragspunkt in der Sozialversicherung weniger bedeute 100.000 Arbeitsplätze mehr. Rürup plädierte im "Spiegel" dafür,den Arbeitgeberanteil zur Krankenversicherung künftig als Barlohn auszuzahlen. Dadurch ließen sich die "Gesundheitskosten von den Arbeitskosten entkoppeln" und die Sozialabgabenquote senken.
Weiter regte Rürup an, den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung auf das medizinisch Notwendige zu beschränken. So könnten Leistungen wie Zahnersatz "aus dem Grundleistungskatalog herausgenommen und gegebenenfalls einer privaten Versicherung anheim gestellt werden". Außerdem könnten die Bürger verpflichtet werden, "eine obligatorische private Unfallversicherung" abzuschließen.
Opposition kündigt Widerstand an
Gestern hatte der Bundestag die Rentenerhöhung, das Gesundheitssparpaket und die Umsetzung der Reformvorschläge der Hartz-Kommission auf den Weg gebracht. Die Gesetze sollen zum 1. Januar kommenden Jahres in Kraft treten. Der Bundesrat muss noch Teilen zustimmen.
Die Mehrheit der unionsregierten Bundesländer haben bereits angekündigt Änderungen bei den zustimmungspflichtigen Teilen der Reform durchsetzen zu wollen. So sehen die Länder Bayern, Hessen, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen Nachbesserungsbedarf für die am Hartz-Konzept orientierte rot-grüne Reform. Überarbeitet werden müssten unter anderem die geplanten Regelungen zu den 500-Euro-Mini-Jobs in Privathaushalten, sagte etwa ein Sprecher der Bayerischen Staatskanzlei und signalisierte Gesprächsbereitschaft.
Quelle: ntv.de