Politik

Kleine Reform bei Cannabis-Medizin Pläne gehen nicht weit genug

Ein Graffiti in London.

Ein Graffiti in London.

(Foto: REUTERS)

In Deutschland soll es künftig Cannabis auf Rezept geben. Die Pläne von Schwarz-Gelb stoßen aber auf ein sehr unterschiedliches Echo. Noch immer sind die bürokratischen Hürden zu hoch, um breitere Patientenschichten an das Wunderkraut gelangen zu lassen. Vom Heilkraut auf dem Balkon wird weiterhin nicht die Rede sein.

Die schwarz-gelbe Koalition will einen erleichterten Zugang zu Cannabis-Medikamenten ermöglichen. Die Gesetzesänderung solle nach Angaben der FDP die Möglichkeit eröffnen, Cannabis-Medikamente in Deutschland herzustellen und für eine Therapie zu verschreiben. Der Handel, Anbau und die Verwendung von Cannabis zu Rauschzwecken bleibt weiterhin verboten.

Die Pläne stoßen auf ein sehr unterschiedliches Echo. Obgleich die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans (FDP), das Vorhaben als "wichtigen Schritt für schwerstkranke Menschen" bezeichnete, sprach die Arbeitsgemeinschaft "Cannabis als Medizin" (ACM) hingegen von Irreführung. Für die betroffenen Patienten ändere sich vorerst gar nichts, kritisierte der ACM-Vorsitzende Franjo Grotenhermen.

In der Tat beschloss die Bundesregierung lediglich, dass die Medikamente zugelassen werden dürfen, wenn ein Pharmaunternehmen einen entsprechenden Antrag stellt. Bislang gibt es einen solchen Antrag aber nur für ein Präparat gegen Multiple Sklerose. "Patienten mit anderen Erkrankungen haben auch dann keinen Zugang zu entsprechenden Medikamenten", stellte Grothehermen klar.

Cannabis auf Vorrat

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(Foto: picture-alliance/ dpa)

Neu ist, dass jetzt Hospize und auch ambulante Notdienste die Medikamente für Schwerkranke vorrätig halten dürfen. Dies war bislang aufgrund des Betäubungsmittelgesetzes verboten. Im Gesundheitsministerium spricht man jetzt von "gewandelten wissenschaftlichen Erkenntnisstand". Cannabishaltige Arzneimittel hätten einen nachgewiesenen Nutzen für bestimmte Schmerzpatienten, so Dyckmans. Auch Eugen Brych von der Deutschen Hospiz Stiftung unterstützte das Vorhaben grundsätzlich: "Weil es unverhältnismäßig schwierig ist, Cannabis als Medikament zu erhalten, werden derzeit viele Schmerzpatienten in die Illegalität gedrängt." Bislang gibt es bundesweit lediglich 40 Patienten, die derartige Präparate aus der Apotheke bekommen. In anderen Ländern wie beispielsweise Kanada und Spanien seien verschiedene Cannabis-Medikamente zugelassen. "Außerdem werden Kranke, die sich selber mit Cannabis versorgen, in diesen Ländern strafrechtlich nicht verfolgt", sagte Grotenhermen.

Deutsche mehrheitlich für Cannabis-Medizin

Mehr als 75 Prozent der Deutschen befürworten allerdings laut einer aktuellen Umfrage die Freigabe von Cannabis für die Medizin. Der Großteil der von Emnid interviewten 1001 Bundesbürger gab an, selber nie Cannabis geraucht zu haben. Dennoch sprachen sich auch aus dieser Gruppe 73 Prozent für die medizinische Nutzung aus.

Biochemiker aus Dortmund haben gentechnisch manipulierte Bakterien dazu gebracht, den Hauptwirkstoff von Cannabispflanzen, THC, zu produzieren.

Biochemiker aus Dortmund haben gentechnisch manipulierte Bakterien dazu gebracht, den Hauptwirkstoff von Cannabispflanzen, THC, zu produzieren.

(Foto: dpa)

Der Cannabis-Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) ist eigentlich ein Rauschgift, das aus Hanfpflanzen gewonnen und meist als Haschisch oder Marihuana konsumiert wird. Jetzt haben jedoch Biochemiker aus Dortmund gentechnisch manipulierte Bakterien dazu gebracht, den Hauptwirkstoff von Cannabispflanzen zu produzieren. Das so gewonnene THC könnte zur Behandlung Schwerkranker eingesetzt werden. Das Verfahren sei im Vergleich zu den bisher in Deutschland zulässigen Herstellungsverfahren vergleichsweise einfach und damit günstiger, berichtete Prof. Oliver Kayser von der Technischen Universität Dortmund. Die THC-Herstellung durch einen anderen Organismus sei mit dem Verfahren weltweit erstmals möglich. Der 43-jährige Wissenschaftler lehrt in Dortmund Technische Biochemie.

Quelle: ntv.de, ppo/dpa/AFP

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