Nach Kompromiss mit Steinbach Polen sind zufrieden
12.02.2010, 16:30 Uhr
Steinbach gehört in Polen nach Russlands Premier Wladimir Putin zu den verhasstesten Persönlichkeiten.
(Foto: dpa)
Nach der Lösung im Streit um die Vertriebenenstiftung zeigt sich der Außenminister glücklich und spricht von einer "außenpolitisch klugen" Lösung. Auch die polnische Seite ist offenbar "sehr zufrieden", dass die umstrittene Vertriebenenpräsidentin Steinbach keinen Sitz in der Stiftung erhält. Kritik kommt dagegen von der SPD.
Nach der Beilegung des Streits über die Vertriebenen-Stiftung hofft die Bundesregierung auf eine weitere Verbesserung der deutsch-polnischen Zusammenarbeit. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) nannte die Einigung zwischen dem Bund der Vertriebenen und der schwarz-gelber Koalition "außenpolitisch klug".
Westerwelle sagte den "Ruhr Nachrichten", es sei eine gute, sachgerechte Lösung gefunden worden. Der Außenminister hatte sich monatelang gegen einen Posten für Vertriebenenpräsidentin Erika Steinbach im Beirat der Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" gestemmt. Das habe aber nichts mit "persönlichen Animositäten" zu tun, sagte er. "Mir ging es ausschließlich darum, dass das deutsch-polnische Verhältnis nicht belastet wird."
Polen zufrieden
Westerwelle telefonierte bereits am Donnerstagabend mit seinem polnischen Amtskollegen Radoslaw Sikorski. Die Regierungsbeauftragten für die deutsch-polnischen Beziehungen, Cornelia Pieper (FDP) und Wladyslaw Bartoszewski, sprachen auch inzwischen miteinander. Die polnische Seite sei "sehr zufrieden" mit dem Kompromiss, sagte Pieper anschließend. Man müsse nun "gemeinsam den Blick nach vorne richten" und sich auf die Realisierung bilateraler Projekte konzentrieren.

Westerwelle mit seinem Amtskollegen Sikorski Ende Oktober in Warschau. In Polen bekräftigte Westerwelle seine Ablehnung Steinbachs.
(Foto: dpa)
Pieper sagte, mit dem Kompromiss sei ein "gordischer Knoten" durchschlagen worden. "Das ist wirklich ein gutes Signal für die Beziehungen zwischen Deutschland und Polen." Die Staatsministerin hofft darauf, dass sich Polen nun auch wieder aktiv an der Gestaltung des in Berlin geplanten Vertriebenenzentrums beteiligen wird. Der polnische Historiker Tomasz Szarota hatte im Dezember den wissenschaftlichen Beirat für das Projekt verlassen. Er wolle kein polnisches "Feigenblatt" für dieses deutsche Vorhaben sein, hatte er damals gesagt.
In dem Gremium sind derzeit neben sechs deutschen Wissenschaftlern auch ein Tscheche und ein Ungar. Pieper sagte, sie gehe davon aus, dass man sich nun jenseits der Emotionalität auf die wissenschaftliche Aufarbeitung des Themas Vertreibung konzentrieren könne. "Das ist eine ganz wichtige Grundlage für den Erfolg der Stiftung."
Kritik von Thierse
Der Vizepräsident des Bundestags, Wolfgang Thierse, bekräftigte die Kritik der SPD an dem Kompromiss. "Erika Steinbachs Erpressungsversuch war halb erfolgreich. Der BdV bekommt mehr Sitze und mehr Einfluss. Das ist beschämend für (Bundeskanzlerin Angela) Merkel und Westerwelle", sagte er der "Frankfurter Rundschau".
Auch der Historiker Hans-Ulrich Wehler übte Kritik an der Lösung in der "Causa Steinbach". "Es ist kein Kompromiss, sondern eine Kapitulation vor Frau Steinbach und den Vertriebenenfunktionären", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger". "Frau Steinbach ist zwar nun nicht mehr in dem Gremium, insofern kann dies Außenminister Guido Westerwelle als einen Erfolg rühmen. Dafür wurde die Anzahl der Vertreter der Vertriebenenverbände erhöht und zudem auf etwas sehr Wichtiges verzichtet, nämlich dass die Bundesregierung sofort ein Veto gegen Personen einlegen kann, die sie nicht in dem Gremium wünscht." Dies sei aber vor allem deshalb wichtig, weil sich im Kreis der Vertriebenenverbände oft umstrittene Persönlichkeiten bewegten.
Vertriebenenpräsidentin Steinbach hatte am Donnerstag auf einen Sitz im Beirat der Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" verzichtet, nachdem ihr die Koalition überraschend weitreichende Zugeständnisse gemacht hatte. Für die Besetzung des Gremiums ist künftig statt des Kabinetts der Bundestag zuständig. Der Bund der Vertriebenen erhält zudem ein deutlich stärkeres Gewicht im Rat und die Dokumentationsstätte mehr Ausstellungsfläche.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP