UN besorgt über Lage in Belarus Polens Kirche setzt sich für Migranten ein
25.12.2021, 15:31 Uhr
Ein polnischer Soldat bei der Grenzpatrouille: Die Regierung in Warschau fährt gegenüber Lukaschenko eine harte Linie.
(Foto: picture alliance/dpa/PAP)
Laut Umfragen sind überdurchschnittlich viele gläubige Polen gegen die Aufnahme von Flüchtlingen aus Belarus. Die katholische Kirche erklärt zur eigenen Ehrenrettung ihre Bereitschaft dazu – allerdings nur mit staatlicher Unterstützung. Die Lage der Migranten im Grenzgebiet ist weiter desolat.
Der höchste Würdenträger der politisch einflussreichen katholischen Kirche Polens hat die Aufnahme von Migranten befürwortet. Die Kirche sei auch selbst bereit, notleidende Flüchtlinge aufzunehmen, erklärte Wojciech Polak, der Erzbischof von Gnesen (Gniezno) und Primas von Polen, in einem Interview mit der polnischen Katholischen Nachrichtenagentur KAI. Das KAI-Interview wurde bereits auf der offiziellen Homepage des Erzbischofs veröffentlicht, auch der TV-Nachrichtensender TVN24 zitierte ausführlich daraus. Auf die direkte Frage, ob auch er selbst in seiner Erzdiözese Flüchtlinge aufnehmen würde, antwortete Polak: "Ja, das würde ich. Aber die Aufnahme allein reicht nicht. Es bedarf eines umfassenden Systems der Hilfe zur Integration." Dafür sei die Unterstützung des Staates notwendig.
Polak reagierte in dem Interview auch auf Umfragen, wonach katholische Gläubige in Polen weniger bereit seien, Flüchtlingen zu helfen, als Nichtgläubige: "Wenn diese Umfragen die tatsächlichen Überzeugungen der Gläubigen widerspiegeln, bedeutet das für mich eine noch dringendere Aufforderung, den Ruf des Evangeliums nach Hilfe für Notleidende zu bekräftigen." Einer Person in Not zu helfen, sei ein Grundsatz der christlichen Lehre.
UN erheben Vorwürfe gegen Belarus und Polen
Die polnischen Behörden beschuldigen den belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko, in organisierter Form Flüchtlinge aus Krisenregionen an die EU-Außengrenze zu bringen. Hilfsorganisationen und auch das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte werfen sowohl Polen als auch Belarus Menschenrechtsverletzungen vor. Polen schicke Flüchtlinge über die Grenze zurück, ohne ihnen die Chance auf ein faires Asylverfahren zu geben. Belarus wiederum verweigere ihnen eine Rückkehr in die Hauptstadt Minsk und zwinge sie, an der Grenze zu bleiben.
Am Dienstag hatten die Vereinten Nationen von Polen und Belarus vergeblich Zugang zum Grenzgebiet verlangt. Eine Sprecherin der UN-Organisation für Migration (OHCHR) sagte, es seien mindestens 21 Menschen im Grenzgebiet ums Leben gekommen. Ein OHCHR-Team war demnach in Polen, durfte aber nicht in die Grenzregion reisen. Die Reise nach Belarus wurde ihm ganz verwehrt. Das Team habe von Flüchtlingen in Polen erschreckende Vorwürfe gehört.
Flüchtlinge müssen für Essen und Wasser bezahlen
"Mehrere Befragte berichteten, dass die belarussischen Sicherheitskräfte erpresserische Beträge für Lebensmittel und Wasser verlangt hätten", sagte die Sprecherin. Die Menschen hätten von Gewalt der belarussischen Sicherheitskräfte berichtet, die sie zur Grenze transportiert und auf polnisches Territorium gedrängt hätten. Sie hätten sie auch an einer Rückkehr in die Hauptstadt Minsk gehindert. Das Hochkommissariat verlangte eine Untersuchung dieser Vorwürfe und rief die Behörden auf, solches Verhalten zu unterbinden.
Mehrere Flüchtlinge in Polen hätten berichtet, dass sie trotz Bitten um internationalen Schutz von polnischer Seite nach Belarus zurückgeschickt worden seien. Viele hätten gesagt, sie seien systematisch festgehalten und medizinisch nicht versorgt worden. Das Hochkommissariat rief Polen auf, Schutzanträge individuell zu prüfen. Es sei verstörend, dass Polen Menschenrechtlern, humanitären Helfern und Journalisten den Zutritt zur Grenzregion verwehre.
Quelle: ntv.de, mau/dpa