Politik

Kreditkarten-Skandal Polizei bildet SoKo

Zur Aufklärung des bundesweiten Kreditkarten-Skandals hat die Polizei in Frankfurt am Main eine Sonderermittlungsgruppe gebildet. Mehr als zehn Beamte sollen klären, wie zehntausende vertrauliche Daten der Landesbank Berlin (LBB) - darunter Namen, Kontonummern und detaillierte Buchungsvorgänge - abhandenkommen konnten.

Bislang gibt es keinen konkreten Tatverdacht und keine Festnahmen, wie ein Polizeisprecher am Montag sagte. Anzeigen geschädigter Karteninhaber seien nicht bekannt. Bei der LBB, der größten Herausgeberin von Kreditkarten in Deutschland, meldeten sich seit Samstag mehrere zehntausend verunsicherte Kunden. Zur LBB gehört die Berliner Sparkasse. Verbraucherschützer und Politiker forderten rasche Aufklärung. Die Debatte über schärfere Gesetze gewann an Intensität.

Illegale Abbuchungen

Die "Frankfurter Rundschau" berichtete unterdessen über illegale Abbuchungen von bis zu 5000 Euro von Kreditkarten verschiedener Banken, deren Daten wie jene der LBB vom Frankfurter Abrechnungsdienstleister Atos Worldline verwaltet werden. Bei der Frankfurter Polizei hieß es, dies sei "nicht Gegenstand der Ermittlungen". Die LBB betonte, es bestehe kein Zusammenhang zum Verlust ihrer Daten. Eine Sprecherin räumte aber ein, angesichts der weltweit steigenden Zahl von Kreditkarten nehme auch der Missbrauch zu. Das gelte für die gesamte Branche.

Der zuständige FR-Redakteur Matthias Thieme sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Zeitung habe Hunderte Mails erhalten, in denen Kunden von Missbrauch ihrer Karten berichteten. Nach seinen Informationen warnte Atos Worldline Kunden Anfang Dezember - vor dem jetzigen Skandal - vor möglichem Kreditkartenmissbrauch. Atos wollte sich auf Nachfrage nicht äußern.

Verloren oder gestohlen

Die Daten der LBB waren vermutlich bei einer Kurierfahrt von Atos Worldline zur Landesbank Ende vergangener Woche verschwunden und wurden der FR zugespielt. Weiter unklar ist, ob sie verloren gingen oder gestohlen wurden. Zu den Ergebnissen einer Befragung von Mitarbeitern der Landesbank und von Atos äußerte sich der Polizeisprecher nicht.

Eine LBB-Sprecherin sagte, das Institut wolle externe Sachverständige hinzuziehen, um seine Sicherheitsstandards zu erhöhen. Die Landesbank hat derzeit 1,9 Millionen Kreditkarten herausgegeben. Sie stellt auch Karten für andere Firmen bereit, etwa den Automobilclub ADAC oder den Internet-Versandhändler Amazon. Die LBB hatte angekündigt, Kunden von eventuellen Schäden freizuhalten.

Der ADAC will die Kreditkarten sämtlicher Mitglieder kostenlos austauschen, die von dem Skandal betroffen sind, wie ein Sprecher sagte. Der Automobilclub ist mit 635.000 Kartenverträgen größter LBB- Kunde.

Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) verlangte harte Konsequenzen aus dem Skandal, lehnte aber eine weitere Gesetzesverschärfung ab. "Für mich ist entscheidend, dass bestehende Gesetze auch angewendet werden, bevor wir immer in eine Olympiade der Neuregelungen einsteigen", sagte Aigner.

SPD fordert Datenschutzpolizei

Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) forderte die Länder auf, mehr Personal für die Datenschutzbehörden einzustellen, damit sie ihren Aufgaben gerecht werden könnten. Auch müssten die Behörden Daten löschen, sperren oder ihre rechtswidrige Verarbeitung untersagen können, sagte Zypries der "Berliner Zeitung". Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz verlangte in der "Neuen Presse" "eine schlagkräftige Datenschutzpolizei". Der Umgang mit Daten in Privatfirmen müsse "viel stärker kontrolliert werden".

Die Verbraucherzentralen prophezeiten "noch viele undichte Stellen" und forderten eine weitere Verschärfung des in Bundestag und Bundesrat zur Abstimmung anstehenden neuen Datenschutzrechts. Nötig sei ein Datensiegel, das die Weitergabe dokumentiere, sagte Bundesverbandssprecher Christian Fronczak.

Die Kreditkartendaten waren bei der FR wie ein anonymes Postpaket angekommen. Versuche bei der Posttochter DHL, die Herkunft anhand des Strichcodes zurückzuverfolgen, scheiterten.

Quelle: ntv.de

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