"Zeit nationalen Notstandes" Portugal spart an allen Ecken
14.10.2011, 07:21 Uhr
Ausgaben runter, Steuern hoch: Pedro Passos Coelho.
(Foto: dpa)
Vor Monaten bereits bekam das hochverschuldete Portugal die Zusage für ein Hilfspaket in hoher zweistelliger Milliardenhöhe - wenn das Land eisern spart. Jetzt stellt Regierungschef Coelho die Pläne vor. Beamte sollen "vorübergehend" auf das 13. und 14. Monatsgehalt verzichten, Besserverdienende mehr Steuern zahlen, Ausgaben für Gesundheit und Bildung sinken.
Mit drakonischen Einsparungen im kommenden Jahr will die portugiesische Regierung das Haushaltsdefizit des Landes senken. Regierungschef Pedro Passos Coelho stellte in einer im Fernsehen übertragenen Ansprache den Haushalt für 2012 vor, der zuvor vom Kabinett verabschiedet worden war. "Das Land durchlebt eine Zeit des nationalen Notstandes", sagte der Regierungschef. "Wir müssen mehr, viel mehr tun als ursprünglich geplant."
Unter anderem kündigte Coelho an, dass Staatsbedienstete mit einem Monatsgehalt von über 1000 Euro vorübergehend auf ein 13. und 14. Monatsgehalt verzichten müssten. Im Privatsektor solle die Arbeitszeit um eine halbe Stunde pro Tag angehoben werden, außerdem seien "Anpassungen" bei der Urlaubszeit geplant. Die Mehrwertsteuer auf zahlreiche Güter und Dienstleistungen soll auf den Normalsatz von 23 Prozent angehoben werden, die Ausgaben für Gesundheit und Bildung will die Regierung "wesentlich reduzieren".
Fast 10 Prozent Defizit
Das hochverschuldete Portugal hatte vom Internationalem Währungsfonds (IWF) und der EU im Mai die Zusage für ein Hilfspaket von 78 Milliarden Euro erhalten und sich im Gegenzug zu strikten Sparmaßnahmen verpflichtet. Das Haushaltsdefizit von 9,8 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) im Jahr 2010 soll dieses Jahr auf 5,9 Prozent gedrückt werden. Die Sparpläne für 2012 sollen am Montag dem Parlament vorgelegt werden und könnten zum Monatsende verabschiedet werden. Eine Zustimmung gilt allerdings aufgrund der großen Regierungsmehrheit als sicher.
Das Ziel für 2012 beträgt 4,5 Prozent. Die von Brüssel erlaubten drei Prozent sollen 2013 erreicht werden. In Folge dieser Bemühungen wird die Wirtschaft im ärmsten Land Westeuropas nach Schätzung der Lissabonner Notenbank dieses Jahr um 2,0 und 2012 sogar um 2,2 Prozent schrumpfen.
Höhere Steuern
Zu den angekündigten Maßnahmen gehören auch die Streichung der Steuerabschreibungsmöglichkeiten für Besserverdienende und eine "tiefgreifende Umstrukturierung" des stark defizitären staatlichen Unternehmenssektors. Die seit Juni amtierende liberal-konservative Regierung will zudem die Besteuerung von Finanztransfers erhöhen, die Offshore-Zentren und Steuerparadiese als Ziel haben.
"Als ich (Anfang Juni) gewählt wurde, hätte ich nie gedacht, dass ich dem Land so strenge Maßnahmen würde ankündigen müssen", sagte Passos Coelho. Die meisten Maßnahmen gelten für die nächsten zwei Jahre.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa