Fiskalpakt auch ohne Signatur möglich Prag macht "de facto" mit
03.04.2012, 15:35 Uhr
Die Kanzlerin hat es nicht eilig und will keinen Druck auf Tschechien ausüben.
(Foto: dpa)
Tschechien will den europäischen Fiskalpakt zu mehr Haushaltsdisziplin freiwillig erfüllen – das Vertragswerk aber weiterhin nicht unterschreiben. Das ist auch nicht zwingend nötig, weil die Tschechen mit der Krone bislang noch ihre eigene Währung haben. Seinen eigenen Weg geht das Land auch in der Energiepolitik und baut die Atomkraft weiter aus.
Tschechien bleibt sich treu. Die liberal-konservative Regierung will den europäischen Fiskalpakt zu mehr Haushaltsdisziplin nicht unterschreiben, ihn aber dennoch erfüllen. Das sicherte Ministerpräsident Petr Necas Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einem Treffen in Prag zu. Sein Land werde "de facto" die Anforderungen des Vertrags einhalten.
Merkel zeigte sich dieser Variante zufrieden und ist "optimistisch, dass Prag den Vertrag eines Tages unterschreiben" werde. Sie sagte: "Auch wenn Tschechien den Fiskalpakt jetzt nicht unterzeichnet hat, wissen wir, dass sich die tschechische Regierung das offenhält."
Die Prager Drei-Parteien-Koalition hat den Fiskalpakt wie Großbritannien und anders als die übrigen 25 EU-Mitgliedsstaaten nicht unterzeichnet. Nach Merkels Angaben ist die tschechische Haltung für die Europäische Union unproblematisch, da dem Fiskalpakt nur jene Länder beitreten müssten, die den Euro als Währung haben. Die Tschechische Republik hat mit der Krone bislang noch eine eigene Währung.
Merkel sagte: "Es gibt hier in keinerlei Weise Druck für uns als Deutschland (...) Das war kein kontroverses Thema unter uns." Wichtig sei, dass Tschechien den Stabilitäts- und Wachstumspakt extrem ernst nehme. "Das ist ein wichtiger Gleichklang."
Prag will über Temelin informieren
Weiteres Thema des Treffens zwischen Merkel und Necas war die Energiepolitik beider Länder. Necas sagte, er akzeptiere den Ausstieg Deutschlands aus der Atomkraft, sein Land werde aber weiter an der Entwicklung dieser Technologie festhalten. Angesichts der Proteste sowohl in Deutschland als auch Österreich gegen die geplante Erweiterung des Atomkraftwerks Temelin sagte Necas genaue Informationen über den Fortgang der Arbeiten zu. "Wir wollen keine Geheimnisse vor dem deutschen Nachbarn haben", so Necas. Merkel sagte dazu, in Deutschland respektiere man die jeweiligen politischen Entscheidungen zur Energiepolitik. Es treffe aber nicht zu, dass es Druck auf die Regierung in Prag gebe, das Atomkraftwerk Temelin nicht zu erweitern.
Necas äußerte zudem seine Sorge, dass die steigende Produktion von Windstrom in Norddeutschland und die teilweise Umleitung auch in das tschechische Stromnetz für Probleme im eigenen Land sorgen könnten. Merkel versicherte, dass Deutschland den Ausbau einer Nord-Süd-Strom-Trasse beschleunigen werde, um die Netze der Nachbarländer zu entlasten. Diese sind wegen des schnellen Wachstums der Windenergie unter Druck geraten.
Quelle: ntv.de, dpa