Berlusconi, Freund Europas Prinzip Hoffnung
15.04.2008, 17:12 UhrDie Bundesregierung, Frankreich und die EU setzen auf eine gute Zusammenarbeit mit der neuen italienischen Mitte-Rechts-Regierung unter Ministerpräsident Silvio Berlusconi. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gratulierte dem Wahlsieger; sie freue sich auf die Zusammenarbeit. Im Auswärtigen Amt hieß es, man werde mit Berlusconi "wie mit jeder früheren Regierung eng und vertrauensvoll zusammenarbeiten".
Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy kündigte in Paris eine enge Zusammenarbeit mit Berlusconi an. Italien habe bei den meisten europäischen Themen ähnliche Interessen wie Frankreich und sei ein wichtiger Partner, betonte Sarkozy. Handschriftlich habe er dem Schreiben das Wort "freundschaftlich" zugefügt, teilte der lyse mit. Vor einigen Jahren hatte Berlusconi Sarkozy in eines seiner Anwesen eingeladen.
Unklarheit herrschte in Brüssel, wann der für Justiz und innere Sicherheit zuständige EU-Kommissar Franco Frattini als Außenminister nach Rom wechselt und wie die Nachfolge in Brüssel geregelt wird. Kommissionspräsident Jos Manuel Barroso sagte, er sei sicher, dass Berlusconi auch in Zukunft das "politische Projekt Europa" unterstützen werde. Die EU-Kommission gehe von einer "fruchtbaren und konstruktiven Zusammenarbeit" mit der neuen Regierung in Italien aus.
Hoffnung auf den Freund Europas
Die Wahl des Mitte-Rechts-Bündnisses in Italien wird von Regierungsexperten in Berlin als "Wunsch nach einem politischen Wechsel" interpretiert. Es wird jetzt erwartet, dass das neue Parlament in Italien möglichst rasch den EU-Reformvertrag ratifiziert. Berlusconis Ankündigungen vor der Wahl, er sei ein Freund Europas und wolle an der weiteren Integration der EU aktiv mitarbeiten, wird in der Bundesregierung begrüßt.
aber auch Besorgnis
Aber auch große Sorge wegen der Folgen des Berlusconi-Siegs wurden laut. Im WDR erinnerte der SPD-Europaabgeordnete Martin Schulz an die Machtkonzentration bei Berlusconi. Er vereinige in einer Hand den höchsten Reichtum, die höchste Medienmacht und jetzt wieder die höchste politische Macht. Die sei für die Demokratie nicht zuträglich und könne die Europapolitik gewaltig beeinflussen.
Linke-Vorstandsmitglied Helmut Scholz sprach von einer bittere Niederlage für die linken Kräfte in Italien, die nicht mehr im Parlament vertreten seien.
Berlusconi legt Hand an
Wahlsieger Berlusconi hat inzwischen bereits die ersten Schritte seiner neuen Regierung angekündigt. Der künftige Regierungschef sagte, er wolle die erste Kabinettssitzung nach Neapel einberufen, um den Müllnotstand der süditalienischen Stadt anzugehen. Sein Kabinett sei schon fast fertig, und er wisse, "wo Hand angelegt werden muss."
Bei den Neuwahlen hatte der 71-Jährige in beiden Kammern des Parlaments eine komfortable Mehrheit errungen. Berlusconi kündigte an, die gesamte Legislaturperiode bis 2013 regieren zu wollen und kündigte für seine dritte Amtszeit als entschlossene Wirtschaftsreformen und ein hartes Vorgehen gegen die illegale Einwanderung an. Einer seiner ersten Schritte werde die Schließung der Grenzen und Einrichtung zusätzlicher Lager für Ausländer sein, "die keine Arbeit haben und deshalb zu einem Leben in Kriminalität gezwungen sind", sagte der 71-jährige.
Vorgehen gegen "Armee des Bösen"
Die Ankündigungen des konservativen Medienunternehmers Berlusconi gegen illegale Zuwanderung sowie Kriminelle, die er als "Armee des Bösen" bezeichnete, dürften der fremdenfeindlichen und protektionistischen Liga Nord entgegenkommen. Auf deren Unterstützung im Parlament ist der neue Regierungschef angewiesen. Liga-Chef Umberto Bossi hatte zuvor in einem Zeitungsinterview Steuersenkungen zugunsten Norditaliens und ein entschiedenes Vorgehen in der Migrationspolitik angemahnt. Ohne solche Reformen drohten Konflikte. Die Liga, die langfristig die Unabhängigkeit des wohlhabenden italienischen Nordens anstrebt, wurde mit etwa acht Prozent der Stimmen in beiden Kammern des Parlaments drittstärkste politische Kraft.
Mehrheit auch im Senat
Nach dem vorläufigen Endergebnis für Italien - noch ohne die Stimmen der mehr als zweieinhalb Millionen Auslandsitaliener - erhielt der konservative Mailänder Medienzar und Milliardär in der Abgeordnetenkammer 46,8 Prozent, der Mitte-Links-Kontrahent Walter Veltroni 37,5 Prozent.
Im Senat bekam Berlusconis Sammelbewegung "Volk der Freiheit" (PDL) 47,3 Prozent, Veltronis Wahlbündnis 38,0 Prozent der Wählerstimmen. Berlusconi war bereits 1994 und 2001 Ministerpräsident. Der Mitte-Links-Regierungschef Romano Prodi hatte im Januar seine knappe Senatsmehrheit verloren, so dass seine Regierung nach zwei Jahren im Amt zurücktreten musste.
Quelle: ntv.de