Massaker von Haditha Prozess gerät zur Farce
06.09.2007, 09:13 UhrDrei hochrangige US-Offiziere sind wegen Nachlässigkeit bei der Untersuchung des Massakers an 24 Zivilisten in der irakischen Stadt Haditha im Jahr 2005 offiziell gerügt worden.
Wie das US Marine Corps - die Marineinfanterie - in Washington mitteilte, richten sich die Disziplinarmaßnahmen gegen Generalmajor Richard Huck und die beiden Obersten Stephen Davis und Robert Sokoloski. Ihnen werde keine Vertuschung zur Last gelegt, aber sie hätten unzureichend auf die Ereignisse von damals reagiert.
Huck und die Obersten hätten über Jahrzehnte hinweg ihrem Heimatland überaus gut gedient, sagte der Befehlshaber des Marinecorps, James Conway. Ihr Verhalten nach dem Massaker habe aber nicht den hohen Standards entsprochen, die man von führenden Marineinfanteristen erwarten müsse. Zwei weiteren Offizieren drohen Militärprozesse wegen völliger Unterlassung von Ermittlungen.
Der Vorfall hatte im November 2005 weltweit für Entsetzen gesorgt und das Ansehen der US-Streitkräfte beschädigt. Irakische Augenzeugen berichteten, die 24 unbewaffneten Männer, Frauen und Kinder seien von den US-Soldaten aus Rache für den Tod eines Kameraden erschossen worden. Der Soldat war von einer Bombe zerfetzt worden, als dessen Konvoi durch Haditha fuhr.
Prozess könnte kippen
Zwei Soldaten mit niedrigeren Dienstgraden sind im Zusammenhang mit dem Blutbad wegen mehrfachen Mordes angeklagt worden. Die Verteidigung weist jeden Mordvorwurf zurück und argumentiert, die Zivilisten seien bei einem regulären Feuergefecht nach der Bombenexplosion ums Leben gekommen. Möglicherweise könnte somit der gesamte Prozess kippen. Der mit den Ermittlungen beauftragte US-Oberstleutnant Paul Ware kam bislang zu dem Schluss, dass die Beweislage für einen Prozess vor dem Militärgericht nicht ausreiche. Er empfahl daher, die Anklage abzuweisen.
Dem 26 Jahre alten US-Hauptgefreiten Stephen Tatum wird der Totschlag von zwei Mädchen und die fahrlässige Tötung von zwei Männern, einer Frau und einem Jungen vorgeworfen. Er war an dem Militäreinsatz in Haditha beteiligt, bei dem am 19. November 2005 insgesamt 24 unbewaffnete Menschen erschossen wurden.
"Kopflos gehandelt"
Tatum habe zwar auf Zivilpersonen geschossen und sie getötet, sagte Oberstleutnant Ware. Er habe aber nicht aus Rache gehandelt oder um zu morden, sondern im Einklang mit seiner Ausbildung und entsprechend der besonderen Umstände des Einsatzes. "Sein Körper begann, instinktiv zu feuern, während sein Kopf versuchte zu begreifen, auf was und warum er schoss", schrieb Ware zur Begründung für seine Empfehlung. "Als er erkannte, dass er auf Kinder schoss, hatte sein Körper schon gehandelt."
Quelle: ntv.de