"Hoher Friedensrat" in Afghanistan Rabbani heißt der Hoffnungsträger
10.10.2010, 15:12 UhrDer neu ins Leben gerufene "Hohe Friedensrat" in Afghanistan wählt den ehemaligen Präsidenten des Landes, Rabbani, zu seinem Vorsitzenden. Er leitet damit die Verhandlungen mit den Taliban um einen Friedensvertrag. Derweil sterben bei Angriffen Aufständischer sechs NATO-Soldaten.
Die Mitglieder des neu gegründeten "Hohen Friedensrates" in Afghanistan haben den früheren Staatspräsidenten Burhanuddin Rabbani zu ihrem Vorsitzenden bestimmt. Der frühere Professor für Theologie und Philosophie sei von dem 70-köpfigen Gremium einstimmig gewählt worden, teilte der Präsidentenpalast in Kabul mit. Staatschef Hamid Karsai hatte den Friedensrat am Donnerstag offiziell ins Leben gerufen. Er soll unabhängig von der Regierung agieren und Gespräche mit den Taliban vorantreiben sowie die Grundlage für Friedensverhandlungen legen. Bei Angriffen radikal-islamischer Aufständischer kamen unterdessen sechs NATO-Soldaten ums Leben, darunter vier Italiener.
Bei einer "Friedens-Dschirga" im Juni hatten etwa 1600 Delegierte die Regierung zur Gründung des "Hohen Friedensrates" und zu Verhandlungen mit den Taliban über ein Ende des Konflikts aufgerufen. Die Dschirga (Ratsversammlung) war von Rabbani geleitet worden.
Der Tadschike wurde 1940 im Norden Afghanistans geboren und kommandierte während des Krieges gegen die sowjetischen Besatzer von 1979 bis 1989 eine einflussreiche Mudschaheddin-Fraktion. 1992 wurde er Präsident Afghanistans und in dieser Funktion in den Bürgerkrieg zwischen rivalisierenden Mudschaheddin verstrickt. Die Taliban vertrieben Rabbani 1996 nach ihrem Einmarsch in Kabul aus dem Amt. Ende 2001 half er einer von den USA unterstützten Allianz, die Taliban zu stürzen. In den vergangenen Jahren hatte er wiederholt angeboten, mit Hilfe seiner Kontakte zu friedenswilligen Aufständischen Möglichkeiten für Verhandlungen auszuloten.
Karsai fordert Gewaltverzicht
Unterdessen rief Afghanistans Präsident Hamid Karsai die aufständischen Taliban erneut zu einem Ende der Kämpfe auf. "Hört mit dem Kämpfen auf, hört damit auf, eure Brüder zu töten", sagte Karsai, als er am Samstag gemeinsam mit US-Oberbefehlshaber David Petraeus die südafghanische Unruheprovinz Kandahar besuchte. Er forderte auch die Kappung der Beziehungen zum Extremisten-Netzwerk Al-Kaida, die Zustimmung zur neuen afghanischen Verfassung und die Abgabe der Waffen. Die Taliban hatten in der Vergangenheit Gespräche abgelehnt solange ausländische Truppen in Afghanistan stationiert sind.
In der westafghanischen Provinz Farah starben am Samstag mindestens vier italienische Soldaten bei einem Bombenanschlag der Taliban. Wie das Verteidigungsministerium in Rom mitteilte, waren die Soldaten in einem Konvoi von 70 italienischen Fahrzeugen der Schutztruppe ISAF unterwegs, als am Straßenrand ein Sprengsatz explodierte. Zwei weitere ausländische Soldaten kamen nach Angaben der ISAF bei einem Anschlag im Süden des Landes um Leben.
Die Zahl der am Hindukusch getöteten italienischen Soldaten ist damit auf 34 gestiegen. Nach Informationen des unabhängigen Internetdienstes icasualties.org verloren seit Jahresbeginn insgesamt mehr als 570 NATO-Soldaten in Afghanistan ihr Leben.
Britische Geisel getötet
Eine britische Entwicklungshelferin, die Ende September von Taliban entführt worden war, kam unterdessen bei einem Befreiungsversuch von US-Truppen ums Leben. Das britische Außenministerium teilte am Samstag mit, die Taliban hätten die 36 Jahre alte Schottin am Freitagabend während der Aktion getötet. Der Kommandeur der ISAF, US-General David Petraeus, sagte, die Soldaten hätten getan, "was in ihrer Macht stand". Die Frau war zusammen mit drei Afghanen in der östlichen Provinz Kunar gekidnappt worden. Die Einheimischen wurden vergangene Woche freigelassen.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts