Streit um Zypern behindert NATO Rasmussen rügt Streithähne
26.08.2009, 12:20 Uhr
Rasmussen macht sich an die erste der vielen Baustellen im Bündnis.
(Foto: AP)
NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hat die Türkei und Griechenland zur Beendigung ihrer wechselseitigen Blockadepolitik im Nordatlantischen Bündnis aufgefordert. Dies sei vor allem im Interesse der in Afghanistan kämpfenden Soldaten nötig, sagte Rasmussen unmittelbar vor Beginn einer Reise nach Griechenland und in die Türkei. Der Konflikt zwischen den beiden NATO-Mitgliedern um Zypern behindere mittlerweile das gesamte Bündnis, sagte Rasmussen in einem Videoblog.
"Ich weiß, dass es sich um ein bilaterales Problem zwischen den beiden Ländern handelt. Aber wir haben einen Punkt erreicht, an dem es unsere Einsätze erschwert." Rasmussen spricht an diesem Donnerstag zunächst mit der politischen Führung Griechenlands und reist anschließend in die Türkei. Dabei gehe es unter anderem darum, den Weg für Vereinbarungen zwischen der NATO und der EU über den Schutz von EU-Polizeiausbildern in Afghanistan freizumachen, sagte NATO-Sprecher James Appathurai in Brüssel.
"Pragmatischeres Herangehen vereinbaren"
Die Türkei blockiert in der NATO eine engere Zusammenarbeit mit der Europäischen Union, weil sie sich in der EU - unter anderem in ihrem Bemühen um Mitwirkung in der Europäischen Verteidigungsagentur (EDA) - von Griechenland behindert sieht. Griechenland sieht sein Hoheitsgebiet durch Flüge türkischer Kampfflugzeuge über griechischen Inseln in der Ägäis verletzt.
"In Afghanistan kann die NATO keine Vereinbarung über die Unterstützung der EU-Polizeikräfte abschließen", bedauerte Rasmussen in seiner Videobotschaft. "Am Horn von Afrika haben die NATO und die EU Marinekräfte gegen die Piraterie. Aber wir haben keine Übereinkunft darüber, wer was tut oder wie wir uns gegenseitig unterstützen." Rasmussen sagte: "Dies sind nur zwei Beispiele dafür, wie sich diese Probleme weit über die Türkei und Griechenland hinaus ausgedehnt haben." Er fügte hinzu: "Ich hoffe, dass es möglich sein wird, ein pragmatischeres Herangehen zu vereinbaren, das die Sicherheit und die Wirksamkeit unserer Einsätze erhöht."
"Es gibt bilaterale Probleme und Rasmussen erwartet nicht, dass diese morgen gelöst werden", sagte Appathurai. "Aber diese bilateralen Probleme haben perverse negative Folgen in bestimmten Bereichen, die von den politisch Verantwortlichen sicherlich nicht beabsichtigt waren." Es entstehe "die Gefahr, dass unser Militärpersonal gefährdet wird". Die NATO habe ein großes Interesse daran, dass die EU Polizeiausbilder nach Afghanistan schicke. Derzeit könnten Vereinbarungen über den Schutz dieser Ausbilder nur fallweise zwischen der EU und einzelnen Staaten geschlossen werden.
36.000 türkische Soldaten stationiert
"Eine wirksamere EU-Präsenz ist nötig", sagte Appathurai. Dies ermögliche die Übergabe der Verantwortung für die Sicherheit an die afghanischen Behörden. "Wir werden diese Verantwortung schneller übergeben können, wenn die Afghanen ausgebildet sind. Je länger wir in Afghanistan bleiben, desto mehr Menschenleben und Geld kostet es uns." Rasmussen wolle daher Athen und Ankara zu einer "pragmatischen Haltung im Blick auf unsere Soldaten im Feld" drängen.
Die Türkei hatte 1974 angesichts blutiger Konflikte zwischen der griechischen und der türkischen Bevölkerung Zyperns den türkisch bewohnten Nordteil der Insel besetzt. Die dort ausgerufene Republik wird international lediglich von Ankara anerkannt. Auch die EU, deren Mitglied Zypern ist, betrachtet die Insel als einen einzigen Staat. Derzeit sind noch rund 36.000 türkische Soldaten im Norden Zyperns stationiert. Der Konflikt belastet auch die Beitrittsverhandlungen zwischen der Türkei und der EU.
Quelle: ntv.de, dpa