Politik

Heilige Kirchensteuer Rebellen auf dem Vormarsch

Den Bischöfen droht Ungemach aus dem Süden. Zwei Katholiken aus Baden-Württemberg und Bayern wollen in der Kirche bleiben, aber keine Kirchensteuern mehr zahlen. Der eine mit Erfolg, der andere bisher nicht. Ihr Kampf geht weiter - und könnte gravierende Folgen haben.

Die Drohung mit der Exkommunikation sichert der Kirche das System der Kirchensteuer.

Die Drohung mit der Exkommunikation sichert der Kirche das System der Kirchensteuer.

(Foto: picture alliance / dpa)

Mehr als 15 Millionen Menschen in Deutschland zahlen Kirchensteuer. Bisher gilt für sie: Wer sich das Geld sparen will, muss im Rathaus seinen Kirchenaustritt erklären - und die Konsequenzen hinnehmen. Vor allem die katholische Kirche ist streng: Sie beurteilt einen Austritt als Abfall vom Glauben und exkommuniziert die Betroffenen. Das heißt: Sie sind von Sakramenten wie Kommunion und kirchliche Trauung ausgeschlossen. Doch diese Logik gerät zunehmend ins Wanken. Das ganze System steht auf dem Prüfstand.

Kann man in der Kirche bleiben, ohne Kirchensteuern bezahlen zu müssen? Der Ingenieur Andreas Janker aus Altomünster (Bayern) hat gezeigt, dass das möglich ist. Ende 2009 erklärte er auf dem Standesamt seinen Austritt aus der Kirche als "Körperschaft öffentlichen Rechts". Als das Bistum Regensburg ihn daraufhin exkommunizierte, protestierte er in Rom dagegen. Denn der 48-Jährige sieht sich weiter als gläubigen Katholiken und will auch weiter zur Kommunion gehen.

Abfall vom Glauben?

Der pensionierte Kirchenrechtsprofessor Hartmut Zapp kämpft darum, Katholik zu bleiben, obwohl er aus der Kirche als Institution ausgetreten ist und auch keine Kirchensteuern mehr zahlt.

Der pensionierte Kirchenrechtsprofessor Hartmut Zapp kämpft darum, Katholik zu bleiben, obwohl er aus der Kirche als Institution ausgetreten ist und auch keine Kirchensteuern mehr zahlt.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die deutschen Bischöfe wollen nicht, dass so etwas Schule macht. Sie wollen das geltende System erhalten, das ihnen jedes Jahr Milliardeneinnahmen sichert. Doch der Vatikan beurteilt das anders: Der Rat für Gesetzestexte betonte bereits 2006, dass ein bloß formaler Kirchenaustritt noch keinen Abfall vom Glauben darstellt, der mit Exkommunikation bestraft werden muss. In einem Brief an Janker erinnerte der Präsident des Päpstlichen Rats, Francesco Coccopalmerio, im August an dieses Schreiben, das auch für Deutschland gelte.

Das Bistum Regensburg lenkte im September ein und ordnete an, den Austrittsvermerk im Taufregister wieder zu löschen. Janker hat somit erreicht, was ein anderer Kirchenrebell bisher vergeblich versucht: Auch der Kirchenrechtsprofessor Hartmut Zapp aus Staufen (Südbaden) will Katholik bleiben, aber keine Kirchensteuer mehr zahlen, sondern nur eine freiwillige Abgabe. Auch er erklärte im Rathaus seinen Austritt aus der katholischen Kirche als Körperschaft öffentlichen Rechts. Doch gegen ihn zog das Erzbistum Freiburg vor Gericht.

Furcht vor Nachahmern

So wie man nicht ein bisschen schwanger sein könne, könne man auch nicht "ein bisschen aus der Kirche austreten", betonte der Anwalt des Erzbistums, Felix Hammer: "Zapp ist aus innerkirchlicher Sicht Mitglied der Kirche, weil seine Austrittserklärung nicht wirksam ist." Das Verwaltungsgericht Freiburg wies die Klage der Kirche zwar ab, aber der Verwaltungsgerichtshof Mannheim gab ihr im Mai in zweiter Instanz statt. Nun hat Zapp beim Bundesverwaltungsgericht eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegt.

Notfalls werde Zapp auch vors Bundesverfassungsgericht und vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ziehen, macht sein Anwalt Joachim Stolterfoht deutlich und fügt hinzu: "Ich sehe gute Erfolgsaussichten, denn das Kirchenrecht muss klar vom staatlichen Bereich getrennt werden." Die Vorgänge im Bistum Regensburg geben Zapp Rückenwind: Der Fall Janker könnte Schule machen.

Quelle: ntv.de, Bernward Loheide, dpa

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