Politik

Kinderarmt in Deutschland Reform des Kinderzuschlags

Die Bundesregierung ringt eine Woche vor ihrer Kabinettsklausur um den richtigen Weg im Kampf gegen die zunehmende Kinderarmut. Einig zeigten sich Ministerien und Kanzleramt darin, den Kinderzuschlag für Geringverdiener auszuweiten und den Zugang zu erleichtern. Familienministerin Ursula von der Leyen will die Zulage als eigenständiges Instrument erhalten. Arbeitsminister Franz Müntefering pocht hingegen darauf, die Zulage in ein Gesamtkonzept einzubauen. Bei der Klausur in Meseberg werde es weitere Festlegungen geben müssen, sagte sein Sprecher Stefan Giffeler in Berlin.

Der Kinderzuschlag wird einkommensschwachen Familien gewährt, die aufgrund der Kinder in Hartz IV abrutschen würden. Ihnen soll der Bezug von Arbeitslosengeld II erspart bleiben. Nach Angaben der Regierung erhielten 2006 rund 124.000 Kinder den Zuschlag, was mit knapp 140 Millionen Euro zu Buche schlug. Ziel sei es, künftig 530.000 Kinder zu erreichen und den Kreis der Adressaten fast zu vervierfachen, sagte Ministeriumssprecher Hanno Schäfer. Die zusätzlichen Kosten bezifferte er auf rund 430 Millionen Euro. Vize-Regierungssprecher Thomas Steg unterstrich, die Regierung sehe in der Kinderarmut ein brennendes soziales Problem. "Die Bundesregierung ist willens, hier eine Antwort zu geben."

Ermäßigte Mehrwertsteuer auf Kinderprodukte

Giffeler sagte, der Kinderzuschlag müsse verbessert und ausgebaut und in Münteferings Konzept des Erwerbstätigengeldes integriert werden. Dieses stockt Geringverdienern ihr Einkommen ebenfalls über das Hartz-IV-Niveau auf. Eine Verbindung beider Konzepte folge einer gewissen Logik, fügte Münteferings Sprecher hinzu. In Meseberg werde das weit gediehene Konzept vertieft. Schäfer betonte dagegen, aus Sicht von der Leyens müsse der Zuschlag als eigenständige familienpolitische Leistung erhalten bleiben. Nach Angaben beider Sprecher soll der Bundeshaushalt trotz der Mehrkosten möglichst nicht zusätzlich belastet werden. Giffeler schloss nicht aus, dass Mittel der Bundesagentur für Arbeit (BA) zur Finanzierung verwendet werden könnten.

Auch der CDU-Bundesvorstand will am Montag ein Konzept zur Bekämpfung der Kinderarmut verabschieden. In dem Reuters vorliegenden Papier wird unter anderem als Ziel ins Auge gefasst, für "Kinderprodukte des täglichen Bedarfs" nur noch den ermäßigten Mehrwertsteuersatz zu berechnen. Das Finanzministerium wies den Vorschlag zurück und erklärte, es sehe hier keinen Grund für Änderungen.

Nach Zahlen der BA bezogen im Frühjahr 1,93 Millionen Kinder unter 15 Jahren Arbeitslosengeld II, was einen neuen Höchststand markiert. Darüber hinaus haben die steigenden Lebensmittelpreise die Debatte über Entlastungen für Geringverdiener und höhere Regelsätze für Bezieher von Hartz IV oder Sozialhilfe angeheizt.

"Regierung hat Versprechen gebrochen"

Der Präsident des Kinderschutzbundes, Heinz Hilgers, drängte die Regierung zum Handeln. Die Weiterentwicklung des Zuschlags sei bereits im Koalitionsvertrag von 2005 angepeilt worden. Die Koalition habe ihr Versprechen "gegenüber den Ärmsten der Armen eiskalt gebrochen", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Die Grünen-Familienpolitikerin Ekin Deligöz kritisierte, "die ständigen aber folgenlosen Ankündigungen" der Regierung beim Kinderzuschlag seien nicht länger zu ertragen.

Quelle: ntv.de

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