Gewalt in Bolivien Regierung sucht Dialog
13.09.2008, 10:09 UhrAngesichts der gewaltsamen Proteste gegen die Reformpolitik von Staatschef Evo Morales ist die bolivianische Regierung um einen Dialog mit den politischen Gegnern bemüht. In La Paz empfing Vize-Präsident Alvaro Garca nach Angaben aus Regierungskreisen den Gouverneur von Tarija, Mario Cosso. Dieser sprach für fünf reiche Regionen, die sich gegen Morales' Umverteilungspläne zu Gunsten der ärmeren Landesteile zur Wehr setzen. Im nördlichen Departamento Pando verhängte die Regierung wegen anhaltender Ausschreitungen den Ausnahmezustand. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rief alle Konfliktparteien zur Mäßigung auf. Die Krise in Bolivien hatte auch die Beziehungen zu den USA erheblich verschlechtert.
"Die erste Aufgabe, die wir dem Präsidenten auferlegen werden, ist es, das Land zu befrieden, und wir hoffen, dabei mit ihm zusammenzuwirken", sagte Cosso vor dem Treffen in La Paz. Der Gouverneur des südöstlichen Departamento Tarija sprach stellvertretend für seine Kollegen in den anderen Verwaltungsgebieten Santa Cruz, Beni, Pando und Chuquisaca. Der linksgerichtete Morales hatte die Gouverneure dieser Gebiete im Osten des Landes zuvor zum Dialog aufgerufen.
Bereits 16 Tote
Die Gewalt setzte sich unterdessen fort. Die Zahl der Opfer steige stündlich, sagte Innenminister Alfredo Rado. In Medienberichten war von bis zu 16 Todesopfern durch die Kämpfe zwischen Anhängern und Gegnern der Regierung die Rede. Für Pando verhängte die Regierung wegen anhaltender Gewalt und Plünderungen durch rechtsgerichtete Gruppen den Ausnahmezustand. Die verfassungsgemäßen Freiheitsrechte würden in der Region eingeschränkt, erklärte Verteidigungsminister Walker San Miguel. Verboten wurden unter anderem Demonstrationen, nächtliches Fahren und das Tragen von Waffen.
Auf dem Flughafen von Cobija, der Hauptstadt von Pando, wütete laut örtlichen Medienberichten eine aufgebrachte Menge. Es seien Schüsse gefallen und Sprengsätze explodiert.
Ban zeigte sich besorgt über die Gewalt in Bolivien. Er rufe daher alle Beteiligten zur Mäßigung auf, hieß es in einer Erklärung. Spanien rief die Konfliktparteien zum Dialog auf und bot in einer Regierungserklärung seine Vermittlungsdienste an. Die kolumbianische Regierung sprach Morales seine Unterstützung aus und warb ebenfalls für einen Dialog.
Venezuelas Hilfe unerwünscht
Der bolivianische Außenminister David Choquehuanca verwahrte sich unterdessen gegen die Einmischung Venezuelas in den innenpolitischen Streit. "Wir werden die Probleme unter Bolivianern lösen", sagte er. Der venezolanische Präsident Hugo Chvez hatte zuvor mit einer militärischen Intervention in Bolivien gedroht, sollte Morales gestürzt werden. Nach Choquehuancas Äußerung erklärte das venezolanische Außenministerium, Caracas wolle sich nicht in die Angelegenheiten anderer Länder einmischen, sondern verteidige lediglich die Souveränität eines jeden Volkes.
Morales strebt eine Verfassungsreform an, die den armen Regionen des Landes mit indianischer Bevölkerungsmehrheit eine größere Teilhabe an den Ressourcen des Landes sichern soll. Die reichen Regionen, in denen viele Nachfahren europäischer Einwanderer leben, wenden sich gegen die Pläne und fordern Autonomie.
Der Streit belastet auch die Beziehungen zu den USA. Der US-Botschafter wurde aus Bolivien ausgewiesen, da er die Autonomiebestrebungen der reichen Regionen in dem Andenstaat unterstützt habe. Venezuelas Präsident Chvez wies aus Solidarität ebenfalls den US-Botschafter aus. Washington reagierte seinerseits mit der Ausweisung der Botschafter der beiden Länder.
Quelle: ntv.de