Privat versicherte Hartz IV-Empfänger Regierung sucht Finanzierung
25.11.2010, 17:54 UhrDie Bundesregierung sucht nach einer Lösung für Hartz-IV-Empfänger, die ihre private Krankenversicherung nicht mehr bezahlen können. Angeblich sollen sie zurück in die gesetzliche Krankenversicherung gezwungen werden. Doch in der Koalition gibt es Widerstand.
Die Koalition streitet über die Kosten für privat krankenversicherte Hartz-IV-Empfänger. Pläne von Arbeitsmarktexperten, diese zwangsweise in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) zu drängen, stießen auf heftigen Widerstand von Gesundheitspolitikern. "Es kann nicht sein, dass wir die Problemfälle in die GKV schieben", sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Jens Spahn (CDU). Dies müsse in der privaten Krankenversicherung (PKV) gelöst werden. Wie FDP-Fraktionsvize Ulrike Flach sprach sich Spahn dafür aus, den Fehlbetrag aus Steuermitteln aufzubringen.
Hintergrund ist, dass die wenigen Tausend Hartz-IV-Bezieher im PKV-Basistarif derzeit 290 Euro und damit den halben Höchstsatz der gesetzlichen Versicherung zahlen müssen. Die Jobcenter übernehmen für privat wie gesetzlich Versicherte nur 126 Euro. Die Lücke von 164 Euro müssten die Langzeitarbeitslosen eigentlich von ihrem Regelsatz in Höhe von 359 Euro selbst zahlen, können dies aber nicht. Insgesamt betragen die Kosten rund 20 Millionen Euro.
Zwei Varianten plus eins
Einem Änderungsantrag zufolge, der mehreren Medien vorlag, wird in der Koalition über zwei Varianten diskutiert. Ein Modell sieht vor, die Hartz-IV-Empfänger aus der PKV in die GKV umzusiedeln. Bei der zweiten Variante würden die privaten Versicherungsunternehmen für die betroffenen Mitglieder zu einem niedrigeren Beitragssatz gezwungen.
FDP-Fraktionsvize Flach und CDU-Gesundheitsexperte Spahn brachten eine dritte Variante ins Spiel. Bei dieser würden die betroffenen Arbeitslosen in der PKV bleiben. Allerdings sollen die Kosten nicht den Privatversicherern, sondern den Grundsicherungsträgern aufgebürdet werden. Der Fehlbetrag würde somit von den Steuerzahlern getragen.
Unions-Fraktionsvize Johannes Singhammer zeigte sich hingegen offen für eine Übersiedlung der privatversicherten Hartz-IV-Empfänger in die GKV. Nicht infrage komme hingegen, der PKV einen Zwangstarif aufzubürden, den alle anderen Versicherten subventionieren müssten, sagte der CSU-Politiker. Die von Flach und Spahn vorgeschlagene Finanzierung über Steuern sei aufgrund leerer Kassen nicht möglich.
Die Zeit drängt
Unklar blieb, ob eine Entscheidung noch vor der für Ende nächster Woche geplanten Verabschiedung der Hartz-IV-Reform hinzukriegen ist. Die Fachpolitiker der Koalition wie auch das Arbeits- und das Gesundheitsministerium stehen dazu im Gespräch. Druck besteht auch deswegen, weil das Bundessozialgericht zu der Kostenübernahme Anfang nächsten Jahres ein Urteil sprechen will.
Der PKV-Verband lehnte Pläne zur Kappung des Versicherungsbeitrags ebenso ab wie den Vorschlag, hilfebedürftige Privatversicherte in die GKV abzuschieben. "Der Staat kann seine verfassungsrechtliche Pflicht, das Existenzminimum zu garantieren, nicht auf Dritte abwälzen", sagte Verbandsdirektor Volker Leienbach. Er müsse die Deckungslücke schließen, indem wieder die vollen Beiträge erstattet würden.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) forderte, die Beiträge zur Krankenversicherung für Hartz-IV-Bezieher aus Steuermitteln zu erhöhen. Die 126 Euro seien willkürlich festgelegt und deutlich zu niedrig.
Quelle: ntv.de, dpa/rts/AFP