Politik

Demonstranten ausgesperrt Rekruten mit Polizisten

Erstmals in der bundesdeutschen Geschichte haben Rekruten der Bundeswehr vor dem Reichstag in Berlin ihr Gelöbnis abgelegt. Zum Jahrestag des gescheiterten Attentats auf Adolf Hitler vom 20. Juli 1944 bekannten 500 junge Soldaten damit ihre Treue zur Werteordnung des Grundgesetzes. Linke Gegendemonstranten protestierten lautstark gegen die weiträumig abgesperrte Zeremonie. Die Bundesregierung würdigte anlässlich des Jahrestages die Widerstandskämpfer gegen das nationalsozialistische Gewaltregime als Vorbilder für heute.

Merkel und Steinmeier vor Ort

Beim Gelöbnis erinnerte Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) an die Frauen und Männer des 20. Juli. Vom Widerstand gehe der Auftrag aus, das Handeln der Soldaten immer an das Grundgesetz zu binden, sagte er laut vorab verbreitetem Manuskript. "Der 20. Juli 1944 war als Aufstand des Gewissens eine befreiende Tat." Altkanzler Helmut Schmidt (SPD) versicherte den Rekruten: "Ihr könnt Euch darauf verlassen: Dieser Staat wird Euch nicht missbrauchen." Nachdem in Medien das Desinteresse führender Politiker an dem feierlichen Zeremoniell kritisiert worden war, nahmen nun unter anderem auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) daran teil.

1800 Polizisten sichern das Gelände

Gesichert wurde die Feier auf weiträumig abgesperrtem Terrain von rund rund 1800 Polizisten. Mannschaftswagen standen dicht an dicht, Polizeiboote patrouillierten auf der nahen Spree. Vor dem Gelöbnis protestierten rund 200 Gegner mit lauter Musik und Transparenten an den Absperrungen.

In der Gedenkstätte Deutscher Widerstand im Bendlerblock erinnerte die Bundesregierung zuvor an den Widerstand gegen die Nationalsozialisten. Hier hatte ein Exekutionskommando 1944 den Hitler-Attentäter Claus Schenk Graf von Stauffenberg und drei seiner Mitverschwörer erschossen. Bundesratspräsident Ole von Beust (CDU) legte einen Kranz nieder. Anwesend waren auch Angehörige der Verschwörer gegen Hitler. Auch in der Gedenkstätte Plötzensee wurde der Widerstand mit einer Kranzniederlegung gewürdigt. In der einstigen Hinrichtungsstätte waren zwischen 1933 und 1945 mehr als 2.500 Menschen getötet worden.

"Reichstag guter Ort"

Nachdem es tagelang Streit um den Ort des Gelöbnisses gegeben hatte, sagte Jung vor den Rekruten, der Reichstag sei ein guter Ort dafür. "Alle grundlegenden Entscheidungen für unsere Streitkräfte sind seit der Gründung der Bundeswehr vom Deutschen Bundestag getroffen worden." Auch Kanzlerin Merkel sagte in der ARD: "Ich bin sehr froh, dass wir heute dieses Gelöbnis vor dem Reichstag machen können. Ich halte das in der Konsequenz für richtig." Jung unterstrich die Rolle der Bundeswehr als "eine Armee im Einsatz für den Frieden". Die Verpflichtung der Soldaten zur Treue schließe den Einsatz des eigenen Lebens mit ein. Recht und Gesetz setzten dem soldatischen Gehorsam aber Grenzen.

Altkanzler Schmidt erinnerte vor den Rekruten daran, dass er 1944 als Soldat für einen Tag als Zuhörer zum sogenannten Volksgerichtshof abkommandiert war - zum Schauprozess gegen die Widerstandskämpfer. "Erst da habe ich angefangen, den verbrecherischen Charakter des 'Dritten Reiches' zu begreifen." Er würdigte die "heroische moralische Leistung des aktiven Widerstands gegen Hitler". Viele glaubten heute, Friede in Deutschland sei selbstverständlich, sagte Schmidt. "Aber seit Jahrhunderten haben wir Deutsche uns keineswegs als eine sonderliche friedfertige Nation erwiesen", mahnte er. "Auch wir Deutsche bleiben verführbar."

"Propaganda entgegentreten"

Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul sagte im Bendlerblock: "Der Wiederbelebung der Nazi-Parolen und -Propaganda müssen wir mit aller Entschiedenheit entgegentreten." Antijüdische und ausländerfeindliche Kundgebungen und Gewalttaten dürften auf den Straßen und Plätzen nie wieder Bleiberecht erhalten. Wieczorek-Zeul forderte die Vorbereitung eines neuen NPD-Verbotsverfahrens. Die NPD erinnere provozierend an die Frühzeit der NSDAP. Die Union lehnt einen erneuten Anlauf gegen die NPD in Karlsruhe derzeit ab.

Auch die CDU würdigte die Widerstandskämpfer. "Wir verneigen uns vor ihnen angesichts der Opfer, die sie gebracht haben", erklärte CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla in einer Mitteilung. "Sie bezahlten für ihre Überzeugungen mit ihrem Leben."

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen