Westerwelle-Biographie vorgestellt Rot-gelbe Annäherungsversuche
13.02.2009, 18:06 UhrSelbst Buchvorstellungen können in einem Wahljahr zum Berliner Medienereignis werden. "Ist ja doch der eine oder andere gekommen, Herr Westerwelle", freute sich SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier über den Medien-Rummel im Haus der Berliner Bundespressekonferenz. Wohlüberlegt hatte der Außenminister eine Verlagseinladung angenommen, um eine neue Biografie über den FDP-Chef zu präsentieren.
Die Vorstellung geriet streckenweise allerdings so freundlich, dass der Laudator selbst schon von "Stalking-Versuchen der SPD" sprach, die er eigentlich vermeiden wolle. Der "oppositionelle Budenzauber" mit dem "Einprügeln auf den Staat", den Steinmeier ebenfalls bei Westerwelle gelegentlich sieht, blieb eher Nebensache. "Das war eine fast beängstigend freundliche Vorstellung. Aber das sind definitiv keine Koalitionsverhandlungen", baute Westerwelle scherzend allen Deutungsversuchen in diese Richtung vor.
Werben für eine bürgerliche Mehrheit
Der FDP-Vorsitzende, der früher bei der SPD ebenso wie bei den Grünen als Un-Person galt, hat inzwischen auch dank bester Umfragewerte eine neue politische Reputation erlangt. Dies zu dokumentieren, war wohl auch Sinn des Steinmeier-Auftritts. Der SPD-Mann entdeckte Parallelen zwischen seiner Jugend und der von Westerwelle. Er akzeptierte auch den Wunsch des FDP-Politikers, nach elf Jahren in der Opposition endlich auch mal Außenminister zu werden.
"Das kann ich mir aber nur unter einer möglichen Konstellation vorstellen", fügte der Kanzlerkandidat der SPD eilig hinzu. Er will im Herbst nach der Bundestagswahl Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ablösen, und das ginge für ihn nur mit der FDP und den Grünen. Auch Westerwelle wollte diese Tür an nicht ganz zuschlagen. Die Umfragen signalisieren allerdings seit Wochen stabile schwarz-gelbe Mehrheiten.
Westerwelle sprach von "Irrtümern" und "Fehlern" im Verlauf seiner bald 30-jährigen politischen Karriere, die mit Stichworten wie "Projekt 18", "Antisemitismus-Affäre" und "Spaßpolitiker" verbunden sind. Er warb auch wieder für eine bürgerliche Mehrheit im Bund. Als sogenannter Grünen-Fresser, als der er früher auch oft gesehen wurde, will er aber nicht mehr gelten. Er sei definitiv kein "Anti-Joschka"-Fischer, versicherte er.
Offenheit in alle Richtungen
So war die Vorstellung der Westerwelle-Biografie des FAZ-Autors Majid Sattar "... und das bin ich" ein Zwischenspiel im politischen Stellungskampf dieses Wahljahrs, dessen Ausgang noch sehr offen ist. Noch wenige Stunden vor der Buch-Präsentation hatte der oberste Freidemokrat im Bundestag auf die große Koalition verbal eingedroschen, weil sie mit ihrem neuen Konjunkturpaket "keinen großen Wurf", sondern ein "Sammelsurium" vorgelegt habe.
Dass zur gleichen Stunde Westerwelles FDP intern alle Hände voll zu tun hatte, um die eigenen Reihen in den Bundesländern gegen die Berliner Konjunkturpläne geschlossen zu halten, ließ er öffentlich unerwähnt. Jeder habe in seinen eigenen Reihen "so seine Pappenheimer", erwähnte er beiläufig in seiner Rede im Parlament in Richtung Bundesratsbank. Einige Minuten später saß er dann in den hinteren Bundestagsreihen im angeregten Gespräch mit der Kanzlerin.
Offenheit in alle Richtungen: Angesichts der instabilen politischen Situation ist das zurzeit in allen Lagern angesagt. Niemand will es sich mit dem anderen ganz verscherzen. Was sie denn von der Kanzlerin so hielten, wurden Westerwelle und Steinmeier bei ihrem gemeinsamen Presseauftritt gefragt. Langes Zögern. Dann Westerwelle: "Eine charmante Frau!". Steinmeier, ebenfalls nach einer Pause: "Unbedingt!".
Quelle: ntv.de, Frank Rafalski, dpa