Politik

Der Kriegstag im Überblick Rückschläge für Kremltruppen im Donbass - Weitere Folteropfer bei Kiew entdeckt

Mitglieder der prorussischen Separatistenverbände in Luhansk stellen sich für eine militärische Ehrung auf.

Mitglieder der prorussischen Separatistenverbände in Luhansk stellen sich für eine militärische Ehrung auf.

(Foto: picture alliance/dpa/TASS)

Für das russische Militär läuft die Ostoffensive nicht rund. Trotz heftiger Kämpfe, schaffen die Kremltruppen kaum Geländegewinne. Laut dem ukrainischen Generalstab verlieren sie sogar strategisch wichtige Ortschaften wieder. In Butscha entdecken Anwohner weitere Folteropfer, während die Bundesregierung bei einem Panzer-Ringtausch mit Polen zögert. Der 66. Kriegstag im Überblick.

Leichen mit Folterspuren gefunden

Einen Monat nach dem Abzug russischer Soldaten aus dem Großraum Kiew hat die Ukraine den Fund dreier weiterer Leichen mit gefesselten Händen und Folterspuren nahe Butscha gemeldet. Die in einer Grube im Dorf Myrozke gefundenen Männer seien durch Kopfschuss getötet worden, sagte der Polizeichef der ukrainischen Hauptstadt, Andrij Nebytow.

Die Augen der drei Männer waren laut Nebytow verbunden, zum Teil seien sie geknebelt gewesen. Die Leichen trugen nach Angaben des Polizeichefs die Spuren von langer Folter und Schusswunden an mehreren Körperteilen. Die Leichenfunde sind Gegenstand internationaler Ermittlungen wegen Kriegsverbrechen. Moskau bestreitet jegliche Verantwortung für die Tötungen.

20 Zivilisten verlassen Stahlwerk in Mariupol

Nach ukrainischen Angaben verließen 20 Zivilisten das heftig umkämpfte Asow-Stahlwerk in der ukrainischen Hafenstadt Mariupol, um in Sicherheit gebracht zu werden. Die Zivilisten, darunter Frauen und Kinder, seien zu einem vereinbarten Ort gebracht worden, "und wir hoffen, dass sie nach Saporischschja in von der Ukraine kontrolliertes Gebiet gebracht werden", erklärte der stellvertretende Kommandeur des Asow-Regiments, Swjatoslaw Palamar, in einem auf Telegram veröffentlichten Video. Russische Agenturen schrieben von 25 evakuierten Zivilisten, ohne weitere Details zu nennen.

Russische Rakete trifft Flughafen von Odessa

Im Osten und Süden der Ukraine gingen die heftigen Kämpfe weiter. Eine russische Rakete traf den Flughafen von Odessa. Die Landebahn sei dabei zerstört worden, Opfer gebe es nicht, erklärte der Gouverneur Maxym Martschenko.

In der Nacht auf Samstag waren bei heftigen Bombardements in Charkiw nach ukrainischen Angaben mindestens ein Mensch getötet und zwölf weitere verletzt worden. "Die Lage in Charkiw ist schwierig", sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. "Aber unser Militär und unser Geheimdienst haben wichtige taktische Erfolge erzielt." Die ukrainischen Streitkräfte eroberten nach eigenen Angaben nördlich von Charkiw das "strategisch wichtige" Dorf Ruska Losowa zurück. Dem Verteidigungsministerium in Kiew zufolge brachten die Soldaten mehr als 600 Einwohner in Sicherheit.

US-Militär sieht Russland hinter Zeitplan

Trotz einiger Geländegewinne im Donbass liegt die russische Offensive in der Ostukraine nach Einschätzung des US-Verteidigungsministeriums "hinter dem Zeitplan" zurück. Auch ein ranghoher NATO-Vertreter sprach von lediglich "kleinen" Fortschritten der Russen in der Region.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow machte den Westen für die anhaltenden Kämpfe verantwortlich. "Wenn USA und NATO wirklich an einer Lösung der Ukraine-Krise interessiert sind, dann sollten sie zuallererst aufwachen und aufhören, das Kiewer Regime mit Waffen und Munition zu beliefern", sagte er der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua.

Washington und Paris liefern weitere schwere Waffen

Washington ist der wichtigste Unterstützer des ukrainischen Militärs. Die USA haben in großem Umfang schwere Waffen an die Ukraine geliefert. Zusätzliche militärische und humanitäre Hilfen sagte der Ukraine auch Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron zu. Paris versorgt Kiew unter anderem mit Caesar-Haubitzen.

Wie die US-Regierung mitteilte, ist inzwischen auch die Ausbildung ukrainischer Soldaten durch das US-Militär in Deutschland angelaufen. Bei dem Training gehe es unter anderem um die Bedienung von Haubitzen und Radarsystemen, sagte Pentagon-Sprecher John Kirby am Freitag in Washington. Die Ausbildung erfolge in Abstimmung mit Deutschland.

Panzer-Ringtausch mit Polen: Scholz zögert

Nach Informationen der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagzeitung" bot Polen Deutschland schon vor Wochen einen Ringtausch an: Polen liefert sowjetische Kampfpanzer an die Ukraine und will dafür den Leopard-2-Panzer haben. Doch die Bundesregierung habe darüber noch immer nicht entschieden, schrieb das Blatt. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter von der CDU kritisierte das scharf. "Jeder Tag zählt", sagte er der Zeitung. "Mit der eindeutigen Mehrheit des Bundestages ist jetzt der unmissverständliche politische Wille ausgedrückt, die Ukraine mit schweren Waffen zu beliefern."

Grüne stimmen für Ampel-Kurs

Auch Anton Hofreiter von den Grünen kritisiert die zögerliche Haltung der Bundesregierung. Es dürfe sich nicht wiederholen, "dass solche Anfragen wochenlang unbeantwortet bleiben wie jetzt die in Polen", sagte er.

Die Grünen tragen die Linie der Bundesregierung zur Unterstützung der Ukraine und der Ausrüstung der Bundeswehr mit. Die Delegierten des Länderrats in Düsseldorf fassten einen Beschluss, in dem sich die Partei zur Lieferung schwerer Waffen und dem geplanten Sondervermögen der Bundeswehr bekennt. Außenministerin Annalena Baerbock sagte, angesichts des Krieges "tragen wir Verantwortung und müssen Dinge entscheiden, die wir uns bisher nicht vorstellen konnten".

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Quelle: ntv.de, mau/AFP

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